Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim hat einem Eilantrag gegen die fortdauernde Schließung von Bordellen in Baden-Württemberg stattgegeben. Foto: picture alliance/dpa/Andreas Arnold

Was gilt für Freier und Sexarbeiterinnen, wenn die ersten Laufhäuser im Stuttgarter Leonhardsviertel am Montag öffnen? Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs warten aber auch etliche Bordelle erst einmal ab.

Stuttgart - Nach sieben Monaten dürfen in Baden-Württemberg Prostituierte wieder legal Freier in Bordellen empfangen. Auf das Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs (VGH), wonach das pauschale Betriebsverbot für Prostitutionsstätten im Land ein „rechtswidriger Eingriff in die Grundrechte der dort Beschäftigten“ darstellt, reagieren einige Laufhäuser in der Stuttgarter Altstadt rasch und haben für Montag, wenn das grüne Licht der Richter im Rotlichtviertel erstmals seit dem 2. November 2020 gilt, den Neustart unter Hygieneregeln bekannt gegeben. Andere Bordellbetreiber wollen abwarten, was die Landesverordnung im Einzelnen für Freier und Sexarbeiterinnen vorsieht. John Heer, der bekannt geworden ist als OB-Kandidat, will seine Häuser „frühestens am 15. Juli“ öffnen, sagt er unserer Zeitung. Doch klar ist es noch nicht. Das Land will nur eine Person auf zehn Quadratmeter Fläche in einem Laufhaus erlauben. „Wir dürften dann nur vier Gäste reinlassen“, sagt Heer.

Teststation „Ab-Strich“ bereitet sich auf Freier vor

Die Schnellteststation mit dem vielsagenden Namen Ab-Strich in Nebenräumen der Cocktailbar Fou Fou an der Leonhardstraße bereitet sich auf neue Männerkundschaft vor. Auch wenn von diesem Samstag an keine Testpflicht mehr besteht für die Außengastronomie in Stuttgart, so müssen Freier in den Innenräumen der Prostitutionsstätten den Nachweis erbringen, getestet, genesen oder vollständig geimpft zu sein. Auch die Kontaktdaten müssen digital oder analog hinterlassen werden. Noch weiß keiner, ob die Bordellkunden dazu bereit sind.

Wie es in der Altstadt heißt, steht die Prostitution aufgrund der Pandemie vor einem radikalen Umbruch. Das Laufhaus der Uhu-Bar etwa will unter seinem bisherigen Betreiber auch nach Corona nicht mehr öffnen. Insider erwarten, dass noch mehr alteingesessene Betriebe für immer schließen, weil Freier in den sieben Monaten der geschlossenen Bordelle anderweitig beim Sexkauf fündig geworden sind.

Insider erwarten radikalen Umbruch der Prostitution

Das Geschäft, ist zu hören, wird über das Internet abgewickelt. Nach Schätzungen gingen während der Pandemie 400 Frauen in Stuttgart der Prostitution nach, etwa in Privatwohnungen oder Hotels. Das Treffen von zwei Haushalten war nicht verboten, nur der Betrieb von Prostitutionsstätten. Nun erwarten Altstadtkenner, dass auch künftig einschlägige Internetportale die meisten Freier anlocken und damit das Sexgewerbe im Leonhardsviertel weiter abnimmt – während dort neue Bars ohne rotes Licht eröffnen.