Am Schlossplatz demonstrieren mehrere Hundert Erziehungsfachkräfte und bleiben beim Warnstreik ihrer Arbeitsstätte fern. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

„Zu viele Kinder, zu wenig Personal – wir sind total überlastet.“ Aus diesem Grund haben sich am Dienstag in Stuttgart 1181 Beschäftigte aus Kitas, Schülerhäusern und Ganztagsschulen am Warnstreik beteiligt. Sie verlangen bessere Arbeitskonditionen.

Zu viele Kinder, zu wenig Personal – wir sind total überlastet.“ Dies erklärte eine Erzieherin aus einem Familienzentrum in Stuttgart-Freiberg. Mit 1180 Kolleginnen und Kollegen nahm sie deshalb am Dienstag am Warnstreik teil, zu der die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst aufgerufen hatte.

Mit großer Resonanz: Von den 183 städtischen Kitas waren 109 ganz und 36 teilweise geschlossen, von den zehn Schülerhäusern beteiligten sich sechs am Warnstreik, von den 14 Ganztagsschulen machten zwölf mit. Mehrere Hundert Warnstreikende machten am Vormittag bei einem Demonstrationszug durch die Innenstadt und einer Kundgebung am Schlossplatz lautstark mit Rätschen auf ihr Anliegen aufmerksam.

Viele Erzieherinnen werden aus Überlastung krank

„Die Arbeit ist definitiv anstrengender geworden, es wird mehr verlangt“, sagte die Erzieherin aus Freiberg, die seit langen Jahren im Beruf ist. „Die Kinder sind sehr unterschiedlich, viele können halt gar kein Deutsch“, berichtete sie. In der Folge seien die Erzieherinnen und Erzieher häufiger krank als früher – „aus Überlastung“. Deshalb fordern sie und ihre Kolleginnen und Kollegen: „Man muss den Beruf attraktiver machen. Dazu gehört auch eine angemessene Bezahlung.“ Darauf pocht auch Cuno Brune-Hägele, Verdi-Geschäftsführer im Bezirk Stuttgart. Auch der Stuttgarter OB Frank Nopper solle hier seinen Beitrag leisten und sich für eine Aufwertung des Erziehungsdienstes einsetzen, so Brune-Hägele. Die Arbeitgeber dürften nicht länger auf Zeit spielen, sondern sollten endlich die wertvolle Arbeit anerkennen. „Man kann den Fachkräftemangel nicht aussitzen.“ Seit zwei Jahren gebe es Gespräche mit der Gegenseite zum Thema Eingruppierung und Gesundheitsschutz – aber geschehen sei nichts. Doch Überlastung führe zu Langzeiterkrankungen – und „bei vielen zur Überlegung, ob sie in diesem Job noch bleiben wollen“, so der Verdi-Mann. Das unterstrich auch Sybille Frehr vom Jugendamt: „Wir haben trotz Corona voll gearbeitet.“ Es brauche eine echte Aufwertung und nicht eine Massage in der Mittagspause. „Geld ist doch da“, meinte eine andere Erzieherin. 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr – „davon könnten 200 000 Beschäftigte im Erziehungs- oder Sozialdienst zehn Jahre lang mit einem Lohn von 4000 Euro bezahlt werden“. Es sei doch sinnvoller, das Geld in Kinder und Jugendliche zu investieren und die, die für ihre Betreuung und Begleitung zuständig seien.

Geld sei doch da – 100 Milliarden für die Bundeswehr

Die nächste Verhandlungsrunde im Tarifstreit ist für 16./17. Mai geplant. Doch vorher werde es auf jeden Fall noch Streiktage geben, auch in Stuttgart, so Brune-Hägele.