Alle Räder stehen still – auch am Montag in Stuttgart. Foto: Andreas Rosar

Bisher waren Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr und am Flughafen in Stuttgart und der Region zwar drastisch, aber ausrechenbar. Doch mit zusätzlichen Streiks bei der Deutschen Bahn wird es chaotisch.

Wer am Montag in der Region Stuttgart mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein muss, hat keine Chance. Im Gegensatz zu den bisherigen auf die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) und den Städtischen Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) beschränkten Warnstreiks, wo im voraus klar fest gestanden hat, dass Busse und Bahnen dort flächendeckend still stehen, hat sich das bei der Deutschen Bahn für den Nahverkehr erst im Verlauf des Freitags herauskristallisiert.

Am Nachmittag teilte eine Sprecherin der Deutschen Bahn mit, dass auch die von ihr betriebene S-Bahn vollständig stillstehen wird und rund um Stuttgart auch keine Regionalzüge der Deutschen Bahn verkehren. Schon am Donnerstag hatte die Bahn einen bundesweiten Stopp aller Fernzüge angekündigt. Über eventuelle, einzelne Fahrten am Montagnachmittag werde man je nach Streikverlauf entscheiden. Das Angebot in der elektronischen Fahrplanauskunft für den Montag schrumpfte im Verlauf des Freitagnachmittags auf die Nahverkehrszüge privater Betreiber.

Keine Gewähr bei privaten Bahnanbietern

Von Stuttgart aus sind das die Linien von Go Ahead wie der Metropolexpress MEX 13 auf der Remsbahn und MEX 16 auf der Filsbahn sowie regionale Linien nach Karlsruhe, Aalen, Ansbach und Würzburg. Dazu kommt das Angebot der SWEG beim MEX 12 Tübingen-Stuttgart-Heilbronn, MEX 17 Stuttgart-Karlsruhe/Bad Wildbad/Bruchsal, der MEX 18 Tübingen-Stuttgart-Osterburken sowie der Interregio-Express 6 Tübingen-Stuttgart. Auch auf der von der Privatbahn Württembergische Eisenbahn (WEG) betriebenen Schönbuchbahn wird im übrigen gestreikt.

Doch die Unternehmen geben auch dafür keine Gewähr und rechnen mit massiven Ausfällen. Klarheit wird es erst am Montag geben. Im Nahverkehr, wo im Gegensatz zum Fernverkehr grundsätzlich keine Zugbindung besteht, gibt es bei Streik auch weder Ersatz noch Entschädigung – etwa auch keine VVS-Mobilitätsgarantie.

Im Gegensatz zu den bisherigen Streiks, wo etwa die S-Bahnen noch für Verbindungen nach Stuttgart sorgten, ist jedenfalls sicher, dass die Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum erreichbar sein wird.

VVS sagt als erster Stillstand bei Zügen voraus

Damit bewahrheitete sich die pessimistische Prognose des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS), der schon am Donnerstag den praktisch totalen Stillstand des Zugverkehrs rund um Stuttgart vorhergesagt hatte. „Da in der Gewerkschaft EVG nicht nur Lokführer, sondern auch weiteres für den Bahnbetrieb unverzichtbares Personal wie Fahrdienstleiter und Stellwerksmitarbeiter organisiert ist, ist damit zu rechnen, dass auch der Bahnbetrieb der privaten Unternehmen SWEG Bahn Stuttgart und Go Ahead Baden-Württemberg betroffen sein wird,“ sagt der VVS. Auch der private Fernzugbetreiber Flixtrain, der einige Verbindungen von Stuttgart aus anbietet, rechnet mit Fahrtausfällen. Die Züge von Stuttgart aus strich er im Verlauf des Freitags aus der Fahrplanauskunft und verwies auf die Busse von Flixbus.

Busse in der Region verkehren weiter

Eine Insel ist der Busbetrieb in den Verbund-Landkreisen, der etwa von privaten Unternehmen wie Schlienz im Kreis Esslingen, Omnibusverkehr Ruoff und den Ludwigsburger Verkehrslinien (LVL) im Kreis Ludwigsburg, Pflieger im Kreis Böblingen oder Friedrich-Müller Omnibusunternehmen (FMO) im Rems-Murr-Kreis organisiert ist. Insgesamt gibt es im Verbundgebiet 40 unterschiedliche Betreiber.

Insbesondere auch einige Schnellbusse wie die Linien X10 zwischen Kirchheim/Teck und Flughafen, X20 von Waiblingen nach Esslingen und X60 von Leonberg zum Flughafen fahren planmäßig. Expresslinien, die von der SSB betrieben werden wie X2 vom Rotebühlplatz nach Leonberg, X4 von Degerloch nach Nürtingen sowie X7 von Degerloch nach Harthausen fallen hingegen ebenfalls aus.

Bus-Minimalbetrieb in Stuttgart und Esslingen

Auch in Stuttgart gibt es einen Bus-Restbetrieb. Zwischen Feuerbach, Sommerrain, Schmiden oder Untertürkheim sind die Linien 53, 54, 58 und 60 weiter in Betrieb. Auch die lokalen Linien 64 zum Frauenkopf, 66 innerhalb Sillenbuchs und 90 rund um Korntal und Weilimdorf fahren weiter. Dasselbe gilt für den Zackebus nach 21 Uhr.

Trotz des Streiks der SVE verkehren auch in Esslingen wie in den anderen Umlandkreisen die Linien privater Betreiber. Die Linie 73 zwischen Degerloch und Neuhausen fährt ebenso wie die zum Esslinger Bereich gehörenden Linien 119 nach Denkendorf und 120 Richtung Neuhausen, 122 zum Flughafen oder 130 und 131 Richtung Heumaden. Über den Schurwald fahren die Linien 106 und 114 Richtung Baltmannsweiler beziehungsweise Aichwald. Richtung Plochingen verkehrt die Linie 140 unverändert.

Fernbustickets deutlich teurer und knapp

Fernbustickets des Quasi-Monopolisten Flixbus waren am Freitag für Montag zunächst noch zu bekommen – auch wenn sich beispielsweise auf der viel befahrenen Relation Stuttgart-München die Preise teilweise verdoppelten. Auf längeren Strecken wie nach Berlin gab es teilweise aber nur noch Restplätze.

Die Busse werden auch deshalb verkehren können, weil die Gewerkschaft Verdi klar gestellt hat, dass Streiks zumindest in Baden-Württemberg keine Auswirkungen wie Tunnelsperrungen haben werden. Hier gebe es eine Notdienstvereinbarung. Einzukalkulieren bei allen Fahrten auf der Straße ist nur der absehbare, massive Stau.

Flugverkehr fällt aus

Am Flughafen Stuttgart wird am ganzen Montag keiner der regulär geplanten 170 Flüge stattfinden können. Und auch wer Anschlussflüge von Frankfurt oder München hat, braucht gar nicht erst versuchen, vielleicht mit dem Auto anzureisen: An beiden Flughäfen fallen am Montag die Flüge aus, in München gilt das auch schon am Sonntag.

Taxi und Carsharing besser reservieren

Am Freitag war es noch möglich, bei der Taxizentrale Stuttgart auch zur Berufsverkehrszeit noch Fahrten zu reservieren. Auch hier galt aber die Aussage, dass es man sich auf den genauen Abholtermin nicht verlassen sollte. „Das wird ein absolut stressiger Tag. Die Straßen werden verstopft sein und ich fürchte, dass auch wir nicht die Fahrgäste gut ins Ziel bringen können“, sagt Iodanis Georgiadis, der Vorstandsvorsitzende des Stuttgarter Taxiverbands. Er empfiehlt die Vorreservierung dringend, weil dann für die Taxifahrer die Dinge besser planbar seien. Es könne aber auch telefonisch schon zu längeren Wartezeiten kommen.

Das Unternehmen Freenow, das in Stuttgart 500 Fahrzeuge für das Carsharing vermittelt und auch eine Taxi-App anbietet, geht von einer vierfachen Nachfrage nach Taxifahrten am Streiktag aus. „Wir sind deshalb bereits seit Mitte der Woche in Gesprächen mit angeschlossenen Fahrern und Unternehmen vor Ort, um für die Bereiche Taxi und Mietwagen mit Fahrern bestmöglich vorbereitet zu sein“, sagt der Sprecher Christof Weferling. Mit einer Rabattaktion und Gutscheinen für Neukunden will das Unternehmen vom Streik profitieren.

Letzte Rettung Fahrrad

Eine ganz andere Alternative schlägt der VVS ganz offiziell vor: Man könnte sich mit dem VVS-Radroutenplaner auch Fahrradverbindungen ausrechnen lassen: „Auf einfache Weise kommt man so zu einer Routenempfehlung an den Arbeits- oder Ausbildungsplatz, auch in der Stadt Stuttgart“, heißt es. Die Wetterprognosen sind aber mit Niederschlag und Kälte zurzeit für den Montag eher ungünstig.