Sascha Wolf (l.) und Max Voigt mit Sicherheitsabstand im Einsatz. Der Computer im Hintergrund „bringt“ die beiden in die Wohnzimmer ihrer Mitglieder. Foto: /Torsten Streib

Tanzlehrer Sascha Wolf und sein Team kommen während der Corona-Krise zu ihren Mitgliedern via Livestream „nach Hause“.

Bad Cannstatt - Ein Thermomix ist für viele der beste Assistent in der Küche schlechthin. Auch Sascha Wolf hantiert in diesen Tagen gerne mit dem Gerät. Toffifee-Likeur hat er in der Wundermaschine zusammengebraut – und das vor Augen und zur Belustigung von zig Zuschauern. Sascha Wolf war dabei online. Im Netz sind er und sein Team in Zeiten von Corona häufig unterwegs. Eigentlich in anderer Mission – Sascha Wolf betreibt seit 2015 die gleichnamige Tanzschule in der Wiesbadener Straße in Bad Cannstatt. Sonst sind die zwei insgesamt 80 Quadratmeter großen Räume gefüllt, schreiten viele Paare oder Einzelpersonen über das glänzende Parkett. Derzeit herrscht freie Platzwahl, maximal zwei Personen sind gleichzeitig anwesend – Wolf und seine Mitarbeiter Simone Hauf oder Max Voigt. Ausgetanzt hat es sich bei Sascha Wolf also noch nicht. „Wir haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt, sondern überlegt, wie wir auch in Zeiten geschlossener Säle an unsere Mitglieder herantreten können. “

Sascha Wolf steht dabei vor einem Laptop, der Raum ist gut ausgeleuchtet. Via App gelangt er zu den Mitgliedern, sozusagen in die heimischen Tanzsäle. Die eingespielte Musik kommt in den Wohnungen an, als „käme der Sound aus dem Radio“. Auch Wolfs Ansagen beziehungsweise Korrekturen per Headset sind klar verständlich. Seine Schützlinge – auch deren Fehltritte – kann er auf der App genaustens verfolgen. „Gleichzeitig sind 100 Paare möglich. Natürlich könnte ich diese große Anzahl nicht verfolgen“, lacht Wolf. Ab und an spielt die Technik einen Streich, will die Musik nicht mehr oder der Computer hängt sich auf. „Von Mal zu Mal klappt es aber besser.“

Bis zu 80 Kurse von Standard- und lateinamerikanischen Tänzen, über Linedance, Hip Hop, Fitnessprogramme – geleitet von Wolfs Mann Tino – bis hin zum Kindertanz finden in normalen Zeiten pro Woche dort statt. Das Team umfasst sechs Mitarbeiter. „Ich bin nicht nur meinen Gästen, sondern auch meinen Mitarbeitern schuldig, jetzt alles zu geben, für diese da zu sein“, sagt der 38-Jährige. Zwar wird das Programm auf aktuell 30 Angebote runtergefahren, „aber immerhin setzen wir noch etwas um“. Darüber hinaus erfahren Wolf und seine Belegschaft trotz ausfallender Kurse große Solidarität von den rund 650 Mitgliedern. „So gut wie alle sind bereit, ihren Monatsbeitrag weiterhin zu entrichten und damit die Tanzschule zu retten.“ Aber auch unter den Mitgliedern zeige sich ein toller Zusammenhalt. So mancher hätte in diesen Tagen Schwierigkeiten, den Mitgliedsbeitrag zu begleichen. Dafür würden andere in die Bresche springen und die Summe übernehmen.

Für Sascha Wolf und die anderen Tanzlehrerinnen und Tanzlehrer in den verschiedenen Disziplinen bedeutet der Kurs im Netz Neuland und Unterhaltung zugleich. So mancher seiner Online-Kandidaten tanze beispielsweise in der Jogginghose. Auch die Wohnzimmer würden sich von Kurs zu Kurs verändern. „Die Möbel werden immer verrückt, damit mehr Platz besteht.“ Aber die Online-Gäste sind flexibel, passen die Location dem jeweiligen Tanz an. „Im Wohnzimmer wird Walzer getanzt, für den rasanten Tango nutzen viele die Länge des Flurs“, lacht Wolf. Nicht zu vergessen – für alle Cannstatter besteht über das Internetportal nebenan.de kostenlos die Möglichkeit, einmal pro Woche Zugang zu einem Tanzkurs für Paare und einer Kindertanzparty zu bekommen. Bislang mit großer Resonanz. „Bei einem Kinderprogramm waren 60 Zuschauer dabei.“

Neben der Geschichte mit dem Thermomix will Wolf seine Kunden weiter bei Laune halten. Eine Lip-Sing-Battle-Show ist eine Möglichkeit. Soll heißen: Wolf bewegt nur die Lippen und die „User“ müssen erraten, um welches Lied es sich handelt. „Ein bisschen Spaß muss in diesen Zeiten sein.“