Vor rund einem Jahr war die Scheffelhalle, das Wahrzeichen von Singen, abgebrannt (Archivbild). Foto: dpa/Simon Adomat

Der Brand der denkmalgeschützten Scheffelhalle in Singen hat einen Millionenschaden verursacht. Ein ehemaliger Feuerwehrmann gibt nun zu, das Feuer gelegt zu haben.

Konstanz - Es war wieder einer dieser Abende, an denen er „Druck“ verspürte: nach einem Streit mit der Ex-Freundin über Geld, Frust über deren verletzende Aussagen und ein paar Bier am Bahnhof mit den Kumpels. Also verließ der ehemalige freiwillige Feuerwehrmann an einem Montagabend noch einmal seine Wohnung, machte sich zu Fuß auf den Weg zu einem Wahrzeichen der Stadt und zündete dort mit einem Feuerzeug Papiermüll an. So schildert der 37-Jährige am Dienstag seine Erinnerung an den 16. November 2020.

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Wenig später steht an diesem Abend in Singen am Hohentwiel nicht nur ein Müllcontainer, sondern auch die denkmalgeschützte Scheffelhalle in Flammen. Das fast 100 Jahre alte Gebäude wird komplett zerstört, der Schaden auf mehrere Millionen Euro beziffert. Verletzt wird niemand. „Ein Stück Singener Geschichte ist in Flammen aufgegangen“, sagt Oberbürgermeister Bernd Häusler später. Gut ein Jahr danach werden die Reste der Halle abgetragen, die Entsorgung des teils asbesthaltigen Schutts wird nach Angaben der Stadt bis zum Jahresende dauern. Ein Wiederaufbau sei gewollt, bisher aber nicht geplant.

Vier Mülltonnen brannten

Wegen dieser und drei weiterer Brandstiftungen muss sich seit Dienstag der 37-Jährige vor dem Landgericht Konstanz verantworten. Vier Mülltonnen soll der Mann laut Anklage zwischen November 2020 und Februar 2021 in Singen in Brand gesetzt haben. Das gibt der Angeklagte zum Prozessauftakt zu. Doch gerade an der Schilderung der Scheffelhallen-Brandlegung äußert der Vorsitzende Richter Zweifel.

Denn ausgerechnet bei der folgenschwersten Tat will der Mann - geplagt von „Gewissensbissen“ - nach einigen Runden zu Fuß um die Halle noch mal nachgeschaut haben, ob der von ihm entzündete Papiermüll brennt. Als er keinen Rauch gesehen habe, habe er „gedacht, das Feuer sei irgendwie erstickt“, sagt der Mann vor Gericht. Also sei er beruhigt nach Hause gegangen. Über seinen Verteidiger lässt er erklären, es handle sich um fahrlässige Brandstiftung.

„Es musste was brennen“

„Das kann man glauben, muss man aber nicht“, sagt der Vorsitzende Richter Marc Gerster. Denn weder bei den Taten davor noch danach beschreibt der Angeklagte vor Gericht ähnliche Versuche, die Feuer einzudämmen - im Gegenteil. „Es musste was brennen“, sagt der 37-Jährige über den ersten Mülltonnenbrand an einem Jugendhaus in Singen. „Es war einfach wieder diese innerliche Befriedigung für mich.“ Bis der Müll brenne, habe er sich nicht unter Kontrolle. Erst später habe er ein schlechtes Gewissen wegen der Tat bekommen.

Schon in der Vergangenheit war der Mann wegen Brandstiftung verurteilt worden. Seinen ehrenamtlichen Dienst als Feuerwehrmann musste er aufgeben, nachdem er mehrmals Fehlalarme ausgelöst hatte. Neben seiner Persönlichkeitsstörung hätten eine Spielsucht und Alkohol Probleme in seinem Leben verursacht, sagt der 37-Jährige. Mehrere Therapieversuche brachten nur vorübergehend Erfolg. Er wolle sich aber bessern und beruflich Fuß fassen, gelobt der Mann: „Meine Eltern sollen einfach mal wieder stolz sein können auf mich.“

Für das Gericht stelle sich aber die Frage, ob er einen Hang zu schwerwiegenden Straftaten habe, betont der Verteidiger des 37-Jährigen. Der Mann habe spätestens nach dem Scheffelhallen-Feuer gewusst, welche Folgen seine Brandstiftungen haben können, sagt Richter Gerster. Trotzdem habe er zwei weitere Brände gelegt: „Das versteht man nicht.“ Die Antwort des Angeklagten darauf fällt kurz aus: „Das verstehe ich auch nicht.“