Markus Söder kämpft für die Union – und für sich selbst. Foto: imago/Manfred Segerer

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder macht auf einer „Stadiontour“ Wahlkampf – und versucht, das müde Wahlvolk in Bayern zu mobilisieren. Die Rhetorik ist stellenweise brachial.

Kempten - Wir stehen zehn Minuten vor dem Schlusspfiff“, ruft Markus Söder im Illerstadion in Kempten, „und das Spiel ist noch völlig offen.“ Jetzt heiße es kämpfen, um künftig eine „Linksregierung“ im Bund zu verhindern. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident ist im Wahlkampfsound an diesem Abend, knapp vier Wochen vor der Bundestagswahl. „Stadion-Tour“ nennen die Christsozialen ihre Veranstaltungsreihe, die Söder in jeden der sieben bayerischen Bezirke einmal führt. 300 Besucher sind zu den Veranstaltungen zugelassen, 300 kommen nach Kempten. Den großen, schwitzenden Bierzelt-Wahlkampf, an den Söder etwas wehmütig erinnert – es gibt ihn im Coronajahr 2021 nicht.

„Ich unterstütze Laschet zu hundert Prozent“

Gerade Söder hat den Kanzlerkandidaten Armin Laschet wie kein anderer in der Union angezweifelt. In den letzten Monaten ließ er kaum einen Seitenhieb aus(„nicht mit dem Schlafwagen ins Kanzleramt“), um zu zeigen, dass er der Bessere gewesen wäre. Nun sagt er dem CSU-Wahlvolk: „Ich unterstütze Armin Laschet zu 100 Prozent.“

Laut den Umfragen befindet sich die Union auf einem historischen Tief. Und Söder erkennt: Fällt die CDU, so rauscht auch seine CSU nach unten. In Umfragen zur Bundestagswahl liegen die Christsozialen bei miserablen 35 Prozent. Seine Partei in den Vordergrund stellen und den unbeliebten Kandidaten nicht beschädigen – das ist die Kunst dieses Wahlkampfes im Freistaat. „Wer vertritt denn bayerische Interessen in Berlin?“, fragt er rhetorisch. Sicher nicht die FDP und auch nicht die Freien Wähler, die seiner Meinung nach „keine Chance“ haben, in den Bundestag einzuziehen. Über die FW, immerhin Koalitionspartner in Bayern, sagt er: „Im Westen kennt sie keiner, und im Norden versteht sie keiner.“

Söder hofft auf das späte Tor in der Schlussphase. Er bilanziert: „Angela Merkel und die Union haben unser Land 16 Jahre gut beschützt.“ Und er lobt die Dauer-Regierungspartei CSU: „Wir haben Bayern gut beschützt.“ Er redet, als wolle er das Volk umarmen und lobt die Schüler in der Coronazeit: „Ich bin als Ministerpräsident stolz auf unsere jungen Menschen.“ Und die Gegner? Das sind im Söder-Dreiklang „SPD, Grüne und Linke“. Die wollten „mit höheren Steuern die Wirtschaft abwürgen“. Die wollten „die Vergemeinschaftung der Euroschulden“. CSU-Vizegeneralsekretär Florian Hahn packt in seiner Ansprache zu diesem Thema den Holzhammer aus und ruft: „Wer Olaf Scholz wählt, wird mit den Linksradikalen aufwachen.“ Söder sagt über die andere Koalition ohne Unionsbeteiligung: „Auch eine Ampel ist eine halbe Linksregierung.“ Ein Bündnis mit den Grünen schließt er nicht aus, aber: „Denen müssen wir noch einige Zähne ziehen.“

Söders Gegner ist die radikale Linke

Im Kemptener Regen klatscht das Publikum höflich. Endspurt? Schwierig. Die CSU-Basis klagt, dass der Kandidat Laschet fast nicht zu vermitteln sei. Söder lässt Vorwürfe nicht auf sich sitzen, natürlich werde Laschet auch im Freistaat plakatiert. Nur liegt das Verhältnis zwischen seinem Konterfei und dem des Aacheners dem Augenschein nach bei zehn zu eins. Auch in Kempten versucht Söder nun, das „Mia san mia“ zu entfachen: „Bayern ist ein sensationelles Land.“ Und seine Partei ruft er auf, „bitte auch etwas selbstbewusst“ aufzutreten. Immerhin: Daran hat es ihr nie gemangelt.