Annalena Baerbock stellt sich bei der Wahlarena den Fragen der Bürger. Foto: dpa/Axel Heimken

Klimaschutz, Vermögenssteuer, europäische Außenpolitik. Die Kanzlerkandidatin der Grünen antwortet auf die Fragen programmgemäß. Nur selten teilt sie gegen den politischen Gegner aus.

Lübeck - Annalena Baerbock macht sich für ein Tempolimit auf Autobahnen, die 35 Stunden-Woche für Pflegekräfte und den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland stark. Im Verbraucherschutz will sich die Kanzlerkandidatin der Grünen für eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch einsetzen, die Vereinbarung von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit sieht sie als eine zentrale Aufgabe künftiger Politik.

Bei der Wahlarena der ARD ließen die Bürger mit ihren Fragen kaum ein Themenfeld aus. Baerbock arbeitete sich quer durch das Wahlprogramm der Grünen. Eher selten setzte sie direkte Seitenhiebe gegen den politischen Gegner. „Da unterscheide ich mich sehr von Laschet und Scholz“, betonte sie etwa beim Thema Kohleausstieg. Es gehe um Ehrlichkeit. Sie bekenne sich nicht allgemein zum Ausstieg bis 2030 und sage dann im Kohlerevier in der Lausitz etwas anderes.

Für aktive europäische Außenpolitik

Die bisherige Regierung ist Baerbock außenpolitisch zu zurückhaltend. Die Grüne spricht sich für eine „aktive europäische Außenpolitik aus“. Deutschland dürfe sich „nicht weiter wegducken“. Baerbock will im Fall eines Wahlsieges auch mit den USA über den Abzug der in Deutschland verbliebenen etwa 20 US-Atombomben reden.

Die USA und Russland haben Ende Juli neue Abrüstungsgespräche aufgenommen. Die amerikanischen Atomwaffen in Deutschland und Europa müssten Teil dieser Gespräche sein, fordert Baerbock. Sie ist auch dafür, den Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen zu unterzeichnen. „Wir müssen aus Deutschland heraus eine neue Abrüstungsinitiative angehen“, sagte die Kanzlerkandidatin.

Sorgen wegen Klimaschutz und Rente

Viele Bürger sorgen sich um ihre Zukunft. Wenn die Energiepreise weiter steigen, kommt auch der Mittelstand an seine Grenzen, befürchtet eine Frau und fragt, wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zu verbinden sind. Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und Zuschüsse für E-Autos, nennt Baerbock als einige der Möglichkeiten.

Wie wollen die Grünen die Rentenversicherung vor dem Kollaps schützen? Baerbock strebt an, das Rentenniveau bei 48 Prozent zu halten und „die Beitragssätze auf dem heutigen Niveau zu stabilisieren“. Mehr Frauen in Vollzeit, leichtere Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und ein höherer Mindestlohn sollen mehr Geld in die Rentenkassen bringen.

Unbezahlbare Vorstellungen?

Baerbock und die Grünen könnten ihre Vorstellungen gar nicht bezahlen, wendet ein Steuerberater ein. Die Vermögenssteuer könne Mittelständler die Existenz kosten. Baerbock erklärt, beschwichtigt und bekennt sich zur Vermögenssteuer. Auch den Steuerbetrug will sie eindämmen. So könnten jährlich 50 Milliarden Euro mehr in die Staatskassen kommen. „Wir müssen gemeinsam in den sozialen Zusammenhalt investieren, sonst fahren wir weiter in die Sackgasse“, ist ihr Plädoyer.

65 ausgewählte Bürger konnten am Montagabend bei der ARD-Wahlarena im Lübecker Hafen Fragen an Baerbock stellen, weitere waren aus anderen Landesteilen zugeschaltet. Olaf Scholz, der Kanzlerkandidat der SPD, ist an diesem Dienstag Gast in der Wahlarena, Am 15. September folgt Armin Laschet (CDU).