Trotz Metoo-Vorwürfen soll der Dirigent 2025 Chef des Symphonieorchesters werden.
Anzügliche Textnachrichten, explizite Fotos, sexuelle Übergriffigkeiten: Als im Mai Metoo-Vorwürfe gegen den Dirigenten François-Xavier Roth öffentlich wurden, gerieten gleich zwei Orchester in die Krise, und sie haben zwei unterschiedliche Lösungen gefunden. Das Kölner Gürzenich-Orchester, bei dem Roth bis 2025 unter Vertrag stand, hat seinen Chef Ende der vergangenen Woche mit einem goldenen Handschlag (die Rede ist von 200 000 Euro) vorzeitig verabschiedet; auch die Arbeit einer neu eingerichteten Ombudsstelle wurde damit ohne Auswertung etwaiger Eingaben eingestellt.
Untersuchungskommission habe keine Beweise gefunden
Das SWR-Symphonieorchester hingegen hält an seinem künftigen Chef fest: Es habe, so der Sender in einer Pressemitteilung von diesem Dienstag, keine offiziellen Beschwerden von Musikern und Musikerinnen des jetzigen Orchesters wie auch des ehemaligen Freiburger SWR-Sinfonieorchesters gegeben. Auch eine Untersuchungskommission aus Juristen, Personalabteilung und Orchestermitgliedern unter Leitung der Programmdirektorin Anke Mai habe keine Beweise für etwaiges Fehlverhalten des Dirigenten gegenüber SWR-Musikerinnen und -Musikern gefunden.
Roth hat für die belegten Vorwürfe sexueller Übergriffigkeiten aus Vor-SWR-Zeiten um Verzeihung gebeten: „Ich sehe ein“, zitiert der Sender den Dirigenten, „dass ich in der Vergangenheit im Umgang mit Musikerinnen und Musikern Fehler gemacht habe. Es war jedoch niemals meine Intention, jemanden in irgendeiner Form zu verletzen. Ich verstehe, dass ich die in mich gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe, und möchte an dieser Stelle all jene um Entschuldigung bitten, die ich verletzt und enttäuscht habe. Bereits seit geraumer Zeit arbeite ich mit externer Hilfe an mir selbst.“
Der Beschuldigte arbeite an sich
Deshalb bestätigt der SWR das Engagement François-Xavier Roths zum Beginn der Saison 2025/26 nur mit Auflagen. Neben der Ernennung einer zusätzlichen Vertrauensperson im Orchester, der verstärkten Aufklärungsarbeit, der Ausarbeitung eines Verhaltenskodexes und der Errichtung flacherer Strukturen im Orchester wurden Regularien erstellt, die laut Pressemitteilung „ein Fehlverhalten von seiner Seite künftig ausschließen sollen und die Mitarbeitenden schützen“.
Sollten diese verletzt werden, behalte sich der SWR „jedes Recht vor, die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zu beenden“. Der Orchestervorstand steht hinter der Entscheidung.