Von den Infizierten hat bislang niemand schwere Symptome entwickelt Foto: dpa/Sebastian Willnow

Ein Weihnachtsessen von Geimpften in Oslo entwickelt sich zu einem Corona-Infektionsherd. Mehr als 60 Personen werden später positiv auf das gefährliche Virus getestet.

Oslo - Rund 120 Kollegen, alle gegen Corona geimpft, treffen sich zu einer Weihnachtsfeier. Mehr als die Hälfte von ihnen wird später positiv auf das gefährliche Virus getestet. Wie ist das möglich? Und wie hängt die vorangegangene Südafrika-Reise eines der Teilnehmer und der Nachweis der Omikron-Variante bei bislang 13 Feiernden damit zusammen? Der Fall in der norwegischen Hauptstadt Oslo wirft viele Fragen auf - könnte aber auch zum Verständnis der Übertragbarkeit von Omikron beitragen.

Die Weihnachtsfeier fand am 26. November im Osloer Restaurant „Louise“ statt. Auf Einladung ihres Arbeitgebers, des norwegischen Solarenergiekonzerns Scatec, kommen um die 120 Mitarbeiter zu einem Essen zusammen. Eine oder einer von ihnen ist erst kürzlich aus Südafrika zurückgekehrt, wo Wissenschaftler einen Tag vor der Weihnachtsfeier den Nachweis der neuen Corona-Variante Omikron bekanntgaben.

64 Teilnehmer haben eine Corona-Infektion

„Sie alle waren geimpft, keiner von ihnen hatte Symptome und sie hatten alle Selbsttests gemacht“, sagt die Gesundheitsbeauftragte von Oslo, Tine Ravlo. Sie versichert, dass die Feier im Rahmen der Corona-Vorgaben stattgefunden habe und „keine Regeln gebrochen“ worden seien. 

Dennoch herrscht eine Woche später keine Feierstimmung mehr: 64 Teilnehmer haben eine Corona-Infektion. Bei 60 von ihnen wurde sie mit einem PCR-Test nachgewiesen, bei vier weiteren liegt vorerst nur das Ergebnis des ungenaueren Antigen-Tests vor. In mindestens 13 Fällen wurde die Omikron-Variante nachgewiesen. Die Sequenzierung wird noch fortgesetzt, weitere Omikron-Ansteckungen gelten als wahrscheinlich.

Von den Infizierten hat bislang niemand schwere Symptome entwickelt. Die meisten leiden laut Ravlo unter leichten Beschwerden wie Kopfschmerzen, Halsschmerzen und Husten. 

Es sei sogar möglich, „dass mindestens die Hälfte der 120 Teilnehmer während der Feier mit der Omikron-Variante angesteckt wurde“, sagt Preben Aavitsland vom norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit. Damit wäre der Fall in Oslo „der größte Omikron-Ausbruch außerhalb Südafrikas“.

Nach Angaben der EU-Krankheitsbekämpfungsbehörde ECDC wurden aus dem Europäischen Wirtschaftsraum, zu dem neben der EU auch Norwegen, Island und Liechtenstein gehören, bis Donnerstag 79 Omikron-Infektionen gemeldet.

Weihnachtsfeiern stellen Gefahr da

„Es ist noch zu früh zu sagen, ob das Ereignis der Beweis ist, dass Omikron ansteckender als die Delta-Variante ist“, sagt Aavitsland. „Vorfälle der Super-Verbreitung gibt es auch bei der Delta-Variante.“ Auch für Aussagen über mögliche Unterschiede zwischen Omikron und Delta bei den klinischen Folgen einer Infektion sei es noch zu früh.

Die norwegische Gesundheitsministerin Ingvild Kjerkol findet den Fall in Oslo jedenfalls „beunruhigend“. Die Regierung verhängte daher eine Reihe zusätzlicher Corona-Restriktionen für die Hauptstadt und das Umland. Dazu zählt eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln, außerdem sollen die Menschen wenn möglich im Homeoffice arbeiten. 

Die den Norwegern so wichtigen Weihnachtsessen, „Julebord“ genannt, wurden allerdings nicht untersagt. Für private Veranstaltungen in Innenräumen gilt nun lediglich eine Obergrenze von 100 Menschen. Mehrere Unternehmen haben ihre Weihnachtsfeiern trotzdem lieber abgesagt.

„Man sieht, dass sich Omikron sehr schnell und sehr breit ausbreitet, trotz der Impfungen“, sagt der Epidemiologe Antoine Flahault vom Institut für globale Gesundheit der Universität Genf. „Das ist eine erschreckende Information zum jetzigen Verlauf der Pandemie. Selbst in Ländern wie Norwegen, wo 88 Prozent der Erwachsenen gegen Corona geimpft sind, sei zu befürchten, „dass die Deiche durch die Impfungen der Ausbreitung der neuen Variante nicht standhalten könnten“.

Weihnachtsfeiern stellen in solch einer Situation eine zusätzliche Gefahr dar, warnt Flahault. „Sie müssten leider inmitten einer Epidemie-Welle verboten werden.“