Die Fellbacherin erzählt, wie ihre demente Mutter Opfer eines Vollmachtmissbrauchs wurde (Symbolfoto). Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/dpa-t

Eine Frau aus Fellbach hat den Missbrauch von Vollmachten bei ihrer dementen Mutter erlebt. Sie schildert, wie sie von der Mutter isoliert wurde und welchem Schema die Täter folgen.

Sie hat es selbst schmerzlich erfahren: Die Frau aus Fellbach (Rems-Murr-Kreis) wurde von ihrer dementen Mutter mehr und mehr abgeschirmt. „Es waren heimtückische und ganz gezielte Methoden“, sagt Frau S. „Meine Mutter war so schwerhörig, dass man draußen vor der Wohnung gehört hat, dass sie Tagesschau angeschaut hat“, sagt Frau S. So habe ihre Mutter weder die Türklingel noch das Telefon gehört. Um mit ihrer Mutter in Kontakt zu bleiben und sie zu erreichen, hat Frau S. ein akustisches und optisches Signal installiert, das darauf aufmerksam machte, wenn die Türglocke klingelte. „Als ich vorbeischaute, war das Ding ausgesteckt“, sagt die Fellbacherin. Es ist nur ein Beispiel für die systematische Abschottung, die sie erlebt hat.

Sie spricht von „dem Täter“, wenn sie die schmerzlichen Erlebnisse schildert. Denn das Ziel des Täters sei gewesen, ihre demente Mutter um deren Vermögen zu bringen. Und da spielte eine Vollmacht eine zentrale Rolle.

In der Sondersendung von Aktenzeichen XY vom 28. Mai wurde über Erbschaftsbetrug informiert. (Archivfoto) Foto: dpa

Vollmachtmissbrauch - „Das ist unterlassene Hilfeleistung“

„Er hat immer wieder an entscheidenden Stellen mit dem Hinweis auf den Besitz einer Vollmacht argumentiert“, sagt Frau S. Der Täter habe nicht das Wohl ihrer Mutter im Blick gehabt, so seien auch nötige medizinische Untersuchungen und Behandlungen ausgeblieben. „Das ist unterlassene Hilfeleistung “, sagt Frau S. Vom Tod ihrer Mutter habe sie schließlich erst im Nachhinein erfahren. Das war für die Fellbacherin der größte Schmerz. „Ich konnte ihr nicht mehr helfen“, sagt sie.

Ihre Mutter habe bis zu ihrem Lebensende in Fellbach gelebt. Sie habe mit ihrem Mann zusammen für das Alter vorgesorgt und alles auch schriftlich geregelt. Dies habe der langjährige Anwalt der Eltern nach dem Tod ihres Vaters bestätigt. Bereits zu diesem Zeitpunkt, dem Tod des Vaters, sei die demenzielle Erkrankung ihrer Mutter diagnostiziert und in Gutachten und Berichten dokumentiert worden. Sie sei dann vom Täter isoliert und gezielt manipuliert worden, bis sie alle Schriftstücke unterschrieben habe und dann in ein Heim abgeschoben worden sei. Pikant sei dabei, dass zwei Tage vor der Beurkundung durch einen Notar bei ihrer Mutter durch eine Fachklinik erneut die fortgeschrittene Demenz bestätigt worden sei.

Der Täter füllt mit einem betont hilfsbereiten Auftreten eine Lücke

Durch die Sondersendung von Aktenzeichen XY vom 28. Mai zum Thema Betrug sieht die Fellbacherin ihr Schicksal und das von vielen weiteren bestätigt. Dort wird auch beispielhaft anhand des Schicksals eines dementen Mannes geschildert, wie Erbschleicher vorgehen. Und das hat, wie Frau S. erklärt, ein bestimmtes Schema: Zunächst schließe der Täter mit einem betont hilfsbereites Auftreten am Anfang eine Lücke. Dann folge die Rufschädigung und die Abschottung des Umfelds. Als nächster Schritt stünden Vermögensschädigung und Vertuschung an.

Ein ganz großes Problem dabei sei, dass die Täter in der Regel straffrei blieben, da die gesetzlichen Grundlagen für eine effektive Strafverfolgung nicht ausreichend seien. In der XY-Sondersendung zum Thema Betrug spricht die ermittelnde Kriminalbeamtin von einem steigenden Problem. Allein in Berlin seien, wie in der Sendung genannt wird, in den vergangenen zehn Monaten 33 Millionen Euro Schaden entstanden.

Frau S. hat sich durch die persönliche Betroffenheit tief in das Thema eingearbeitet. Sie engagiert sich in dem Verein Vollmachtmissbrauch, der dafür sensibilisieren will. Denn ihrer Erfahrung nach seien weder die Pflegekassen, die Gerichte noch die Notare für den Missbrauch einer Vollmacht ausreichend sensibilisiert und geschult. Sie sei dort oft auf taube Ohren gestoßen, so lautet ihr Vorwurf.

Falsche Vorstellungen über Vollmachten sind ein großes Problem

Doch ihr Anliegen und das der Initiative wird nach und nach mehr erkannt: Auch der Sozialverband VdK setze sich für Aufklärung zum Thema Vollmacht ein. Und es gelte, mit vielen falschen Vorstellungen aufzuräumen. Zum Beispiel: Die neueste Vollmacht gilt. Das sei falsch. Eine Vollmacht gelte so lange, bis sie ausdrücklich widerrufen werde. Mehrere Vollmachten könnten nebeneinander gelten.

Frau S. hat viele Anwalttermine hinter sich. Letztlich habe sie es noch schwarz auf weiß erhalten. Die Vollmacht des Täters sei unwirksam gewesen. Doch überprüft habe das an entscheidender Stelle keiner. So habe sie sich doppelt im Stich gelassen gefühlt.

 Weitere Infos gibt es unter:  www.vollmachtmissbrauch.de.

Sondersendung

Thema Betrug
Die Sondersendung Aktenzeichen XY Vorsicht Betrug vom 28. Mai 2025 ist in der Mediathek des ZDF abrufbar. Dort geht es auch um Erbschaftsbetrug mit Vollmachten.