Starke Angreiferin: Michaela Mlejnkova schlägt nächste Saison wieder für Allianz MTV Stuttgart zu. Foto: Baumann

Ein echter Coup zum Titel-Jubiläum: Genau ein Jahr nach der ersten Meisterschaft präsentiert der Volleyball-Bundesligist eine prominente Rückkehrerin.

Stuttgart - Für manche fühlt es sich an, als sei die rauschende Titelfeier gerade erst zu Ende gegangen. Andere empfinden es dagegen so, als läge der Gewinn der Meisterschaft schon ewig lange zurück, so viel ist seither passiert: das verlorene Pokalfinale im Februar, der Saisonabbruch, die Corona-Pandemie. Gemeinsam ist allen bei Allianz MTV Stuttgart, dass der Triumph, der an diesem Montag genau ein Jahr her ist, für immer unvergessen bleibt. Das epische Fünf-Satz-Drama im fünften Duell der Finalserie gegen den SSC Schwerin, der Matchball, den Krystal Rivers auf den Boden drischt, der Jubel, die Übergabe der Schale, Konfettiregen, Sektfontänen und blaue Perücken. „Es war eine großartige, geile Geschichte. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion, „zugleich ist es eine riesen Motivation.“ Allerdings auch eine große Verpflichtung.

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Die Zeiten sind mittlerweile andere. Ganz andere. In der Corona-Krise geht es ums finanzielle Überleben. Und darum, die Zukunft zu sichern. Doch zugleich wissen die Verantwortlichen in Stuttgart, dass sie mit Mittelmaß niemanden zufrieden stellen können. Sich selbst nicht, aber auch nicht ihr Umfeld. Sponsoren, Mitarbeiter, Fans – jeder hat hohe Ansprüche. Die gute Nachricht: Bisher gibt es, was alles andere als selbstverständlich ist, keinen Grund für übergroßen Pessimismus. Im Gegenteil.

Mlejnkova hat noch eine Rechnung offen

Die Gespräche mit den Geldgebern laufen so gut, dass der sonst bei Prognosen eher zurückhaltende Geschäftsführer erklärt, sein Volleyball-Unternehmen gut über den Sommer bringen zu können. Gleichzeitig bastelt Sportchefin Kim Renkema erfolgreich am Kader für nächste Saison. Der jüngste Coup wurde passend zum Meister-Jubiläum präsentiert: Michaela Mlejnkova (23) wird nach Stuttgart zurückkehren.

Die Außenangreiferin spielte bereits von 2015 bis 2018 in der Scharrena, wurde mit dem MTV dreimal Vizemeisterin, ehe sie nach Polen wechselte und zwei Jahre für Developres SkyRes Rzeszów aufschlug. „Es ist eine großartige Verpflichtung, die Signalwirkung hat. Sie hätte auch für das vier- bis fünffache Gehalt nach China wechseln können“, sagt Aurel Irion, „ich habe bei ihr das Gefühl, dass sie noch eine Rechnung mit der Bundesliga offen hat – sie will mit Stuttgart Meister werden.“ Genau deshalb holte Kim Renkema die Tschechin, die nun im Nationalteam und im Verein von Giannis Athanasopoulos trainiert wird, zurück zum MTV: „Sie hat sich in Polen weiterentwickelt, ist nun noch besser, als sie 2018 bei ihrem Abschied war. Zusammen mit Krystal Rivers wird sie unser Team im Angriff tragen. Qualitativ haben wir nächste Saison einen noch besseren Kader beisammen als zuletzt. Ich bin überzeugt, dass wir stark genug sind, um alle Titel angreifen zu können.“

Der nächste große Umbruch

Vermutlich neun Profis, die noch im März dabei waren, werden künftig nicht mehr in Stuttgart spielen: Annie Cesar, Cansu Aydinogullari, Ainise Havili, Martina Samadan, Jennifer Hamson, Celine van Gestel, Channon Thompson, Simone Lee und wohl auch Alexandra Lazic. Folglich steht der nächste Umbruch an, aber einer, dem Kim Renkema voller Optimismus entgegen sieht – nicht nur weil in Kapitänin Krystal Rivers, Libera Roosa Koskelo und Zuspielerin Pia Kästner drei Säulen aus dem Meister-Team weiterhin da sind: „Wir haben nächste Saison in Michaela Mlejnkova, Lena Große Scharmann und Athina Papafotiou drei Neue im Team, die wissen, wie es sich anfühlt, in Stuttgart zu spielen. Das Risiko, dass es wie vergangene Runde lange dauert, bis das Team zusammenwächst, haben wir erheblich verkleinert.“ Mit anderen Worten: Die Mannschaft, die noch um zwei Außenangreiferinnen (eine davon könnte die Spanierin Maria Segura Pallerés sein) und eine Mittelblockerin ergänzt werden dürfte, steht weitgehend. Offen ist nur noch, wann es losgehen wird. Und vor allem: in welcher Form?

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Endlich mal ist die lange Sommerpause im Volleyball kein Nachteil. Trotzdem ist völlig unklar, ob ab Oktober wieder vor Zuschauern gespielt werden kann. Die Rechnung von Irion ist einfach: Einen Monat könnte das MTV-Team mit Geisterspielen überleben, drei Monate wären existenzbedrohend. Weshalb schon jetzt über Konzepte nachgedacht wird. Wäre es möglich, mit peniblen Hygienevorschriften vor 2000 Zuschauern in der dann zu einem Drittel gefüllten Porsche-Arena zu spielen? Oder vor 1000 Fans in einer halb vollen Scharrena? „Ich wünsche mir, dass wir 2021 um zwei Titel kämpfen“, sagt Aurel Irion, „auf jeden Fall werden wir alles dafür tun.“ Motivation genug sind die Bilder, die vor genau einem Jahr entstanden sind. Und die keiner in Stuttgart je vergessen wird.