So sehen Siegerinnen aus: Ainise Havili von Allianz MTV Stuttgart Foto: Baumann

Wie die US-amerikanische Zuspielerin den Bundesligisten Allianz MTV Stuttgart zum sensationellen 3:1-Sieg gegen Champions-League-Titelverteidiger Igor Gorgonzola Novara geführt hat.

Stuttgart - Auch im Volleyball werden die wichtigen Titel erst im zweiten Teil der Saison vergeben. Doch egal, wie es für Allianz MTV Stuttgart in Meisterschaft, Pokal und Champions League auch ausgeht, eine Leistung wird unvergessen bleiben. Weil sie so unerwartet kam, so unglaublich war und auch ein bisschen unerklärbar. Seit dem 3:1 (11:25, 25:20, 25:18, 25:23) gegen den italienischen Topclub Igor Gorgonzola Novara sind die Stuttgarter Volleyballerinnen Champions-League-Sieger-Besiegerinnen. „Dieser Erfolg ist schon fast ein Wunder“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion, in dessen Schrank eines der berühmten braunen „Weltpokal-Sieger-Besieger“-T-Shirts hängt, das der FC St. Pauli im Jahr 2002 nach dem 2:1-Sieg gegen den FC Bayern München auflegte, „ich bin stolz auf unsere Mannschaft. Wenn sie sich so gut weiterentwickelt, werden wir noch viel Spaß an ihr haben.“ Das gilt für das Team. Aber auch für die große Gewinnerin beim Gewinner.

Bisher herrschte bei Allianz MTV Stuttgart Chaos auf der Position der Zuspielerin. Kathleen Weiß wechselte im Sommer, trotz Vertrages, nicht zum Meister, sondern in den Polizeidienst. Pia Kästner kehrte mit einer schweren Rückenerkrankung vom Nationalteam zurück, hat diese Saison noch kein Spiel bestritten. Die kurzfristig verpflichtete Türkin Cansu Aydinogullari erledigt ihren Job zwar ordentlich, wirkte aber angesichts des Drucks, der allein auf ihr lastete, zeitweilig überfordert. Und von Ainise Havili, die Anfang November für zunächst zwei Monate unter Vertrag genommen wurde, wusste bisher niemand so recht, was sie wirklich zu leisten imstande ist. Das ist seit dem Triumph gegen Igor Gorgonzola Novara anders, der auch deshalb so sensationell war, weil der Etat des italienischen Topclubs angeblich vier- bis fünfmal so hoch ist und dort einzelne Topstars so viel verdienen sollen wie das komplette Stuttgarter Team.

Der Freigeist auf dem Feld

Der hohe Favorit gewann den ersten Satz zwar überdeutlich, doch danach brachte MTV-Trainer Giannis Athanasopoulos die US-Amerikanerin Havili für Aydinogullari. Und wechselte damit die Erfolgsgarantin ein. „Sie hat das Spiel gedreht“, sagt Sportchefin Kim Renkema, „Ainise war überragend.“ Die 23-Jährige zeigte, was sie kann: Sie spielte schnelle Bälle, führte frech Regie, nervenstark und kreativ, setzte ihre Mitspielerinnen toll in Szene, nicht nur Überfliegerin Krystal Rivers (28 Punkte). „Auf dem Feld ist Ainise Havili ein Freigeist. Sie kann das Spiel gut lesen und im nächsten Moment die richtige Entscheidung treffen“, sagt Renkema, „es ist schön, dass die Stärken, die wir in ihr sehen, nun erstmals alle gesehen haben. Dabei hat sie ihr Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft, sie kann noch viel mehr.“ Was vor allem eines ist: beruhigend.

Bisher gab es im Umfeld des MTV durchaus Zweifel, ob die Qualität im Zuspiel ohne Pia Kästner ausreicht, um die hohen Ziele erreichen zu können. „Jetzt ist klar, dass die Basis vorhanden ist“, meint Geschäftsführer Irion. Und Sportchefin Renkema sagt: „Wir haben nun zwei fitte Zuspielerinnen mit unterschiedlichen Spielweisen. Aktuell ist das Problem, das wir auf dieser wichtigen Position hatten, gelöst.“ Zumal es ja noch Pia Kästner gibt. Die Nationalspielerin hat am Freitag eine weitere MRT-Untersuchung, zeigt diese das erhoffte Ergebnis, könnte sie womöglich schon nächste Woche ins Technik-Training einsteigen. Wenn nicht? Gibt ihr der Verein die nötige Zeit. „Niemand setzt sie unter Druck“, erklärt Irion, „wichtig ist, dass sie langsam wieder aus ihrem mentalen Loch herauszukommen scheint – und dass sie wieder völlig gesund wird.“

Zwei Duelle gegen den SSC Schwerin

Bis dahin, da sind sich alle sicher, hat das Team auch ohne Kästner genügend Qualität und (spätestens seit dem Sieg gegen Novara) auch das nötige Selbstvertrauen, um weiterhin erfolgreich zu sein. In der Champions League, in der es nun wieder möglich ist, erneut ins Viertelfinale einzuziehen. Aber auch in den beiden Heimspielen gegen Dauerkonkurrent SSC Palmberg Schwerin im Pokalhalbfinale (11. Dezember) und der Meisterschaft (21. Dezember). „Es stehen in diesem Jahr noch ein paar wichtige Aufgaben an“, sagt Sportchefin Kim Renkema, „doch wer einen Gegner wie Novara schlägt, der kann jeden Gegner schlagen.“