VW-Chef Oliver Blume ist Hauptzielscheibe der demonstrierenden Beschäftigten. Foto: IG Metall/Heiko Stumpe

Der Volkswagen-Vorstand erwägt einen massiven Personalabbau. Doch gibt sich die IG Metall zum Auftakt der Haustarifrunde noch sehr selbstbewusst – und macht dem Konzernchef Oliver Blume gleich eine ganz konkrete Ansage.

Gewöhnlich steht die Haustarifrunde bei Volkswagen im Schatten der Verhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie. Infolge der Drohung des VW-Managements, Werke zu schließen und Tausende von Stellen abzubauen, könnte diesmal ein tarifpolitischer Flächenbrand von Norddeutschland ausgehen. Zum Auftakt in Hannover hat die Arbeitnehmerseite einen bei VW unbekannten Widerstand angekündigt.

„Vorstand wagt historische Tabubrüche“

„Die Angriffe kommen aus Teilen des Vorstands, der Tabubrüche wagt, die historisch sind“, betonte die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo vor gut 3000 Demonstranten. „Ebenso historisch wird unsere Reaktion als Arbeitnehmerseite sein.“ VW sei kein normales Unternehmen, „bei VW wird daher auch niemals der Turbo-Kapitalismus Einzug halten“.

Zielscheibe des Unmuts ist vor allem VW-Chef Oliver Blume, auch wenn der IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger aus dem „Champagnerkreis des Top-Managements“ vor allem VW-Marken-Chef Thomas Schäfer heraushebt. „Ein guter Schäfer passt auf seine Schafe auf und hält sie zusammen“, so der Bezirksleiter. „Volkswagens Schäfer droht damit, ihnen das Fell vom Leib zu reißen und sie im Orkan vor die Tür zu setzen.“

Auch Gröger unterstrich die einzigartige Lage. „Erstmal kündigen – Porzellan zerschlagen und sich über den Scherbenhaufen wundern: Das ist ein krasser Tabubruch – und ein historischer Fehler“, kritisierte er die Aufgabe einer seit 1994 geltenden Jobgarantie, was betriebsbedingte Kündigungen von Juli 2025 an ermöglicht. „Hände weg von der Beschäftigungssicherung“ und „Alle Standorte müssen bleiben“ lauten die roten Linien der IG Metall. Vielmehr „brauchen wir eine Beschäftigungssicherung über 2030 hinaus“.

Zudem mahnt die Gewerkschaft einen Beitrag des Top-Managements und der Aktionäre an – „mit keiner Silbe“ sei während des dreistündigen Auftakttreffens deren Verantwortung für nötige Zukunftsinvestitionen erwähnt worden. Auch halte das Unternehmen weiter zurück, was konkret gemeint sei: „Weder Werke noch Beschäftigtenzahlen wurden benannt.“ Keine „greifbare Zukunftsperspektive“ sei präsentiert worden. So seien die dreistündigen Verhandlungen „eine einzige Enttäuschung“ gewesen.

Spekuliert wird über bis zu 30 000 abzubauende Stellen – VW hat diese Zahl bisher nicht dementiert. Personalvorstand Arne Meiswinkel wollte sich zunächst mit der Gegenseite ein gemeinsames Bild über die Ausgangslage verschaffen. „Die Situation ist ernst“, resümierte er. Die Volkswagen AG müsse „umfassend restrukturiert werden“.

Blume und Schäfer sollen sich 1. Dezember im Kalender vormerken

Trotz der Krise hält die IG Metall an ihrer Forderung nach sieben Prozent mehr Lohn analog zur Metallindustrie fest. Der Haustarifvertrag betrifft gut 120 000 Beschäftigte und gilt für sechs große Standorte der Volkswagen AG im Norden – nicht für Sachsen.

Noch herrscht Friedenspflicht, doch gibt Gröger den VW-Managern schon mal den Ratschlag: „Die Herren Blume und Schäfer sollten sich einen Tag dick und fett im Kalender einkreisen: der 1. Dezember.“ Dann seien von 0.01 Uhr an Warnstreiks möglich. „Wenn es nötig ist, stehen an Volkswagen-Standorten Zehntausende vor den Werkstoren und auf den Straßen.“ Konzernchef Blume hatte schon angekündigt, dass er bis zum Jahresende eine Einigung erreichen wolle.