Der Star unter den gefiederten Foto-Models war ein Eisvogel am Neuen See. Foto: Claus /Mühle

Am Pfaffensee und am Neuen See in Stuttgart ist tierisch viel los. Das ließ sich auch der Hobbyfotograf Claus Mühle nicht entgehen. Der Stuttgarter hielt die bunte Vogelwelt an den Parkseen mit seiner Kamera fest.

Stuttgart - „Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Eisvogel aus dieser Distanz so ungestört beobachten lässt“, sagt Claus Mühle. Vor Kurzem bekam der Stuttgarter Hobbyfotograf am mittleren der drei Parkseen aus nächster Nähe einen Eisvogel vor die Linse. Die im Naturschutzgebiet Rotwildpark gelegenen Seen, ursprünglich für die Trinkwasserversorgung Stuttgarts angelegt, zählen heute zu den beliebtesten Ausflugszielen im Süden Stuttgarts. Auch für Mühle an jenem sonnigen Tag: „Ich gehe gerne an den Seen spazieren“, sagt der Stuttgarter.

Als Mühle auf einer Bank am See saß, um die schon vorfrühlingshafte Sonne zu genießen, habe sich plötzlich ein Rotkehlchen neben ihm niedergelassen, weniger als einen Meter entfernt. „Es blieb eine Weile, so dass ich noch drei Fotos machen konnte. Das war schon ein tolles Erlebnis.“ Aber es sollte noch besser kommen. Der Star des Tages sei für ihn nämlich der Eisvogel gewesen.

Beliebtes Fotomotiv

„Der Eisvogel ist in Stuttgart ein regelmäßiger Brutvogel“, sagt Ulrich Tammler vom Nabu-Stuttgart und Nabu-Landesverband. „Das werden schätzungsweise sieben bis acht Brutpaare sein.“ Zur Brutzeit und im Winter seien die hiesigen Tiere regelmäßig zu sehen.

Im Rotwildpark ist Claus Mühle auf den Eisvogel durch andere Spaziergänger aufmerksam geworden, die diesen ebenfalls als Fotoobjekt entdeckt hatten. Durch seine Fans habe sich der blau gefiederte Kamerad jedoch nicht stören lassen. Er sei weiterhin auf seinem Ast sitzen geblieben, habe sich mal mit der orangefarbenen Vorderseite gezeigt, mal den schillernden blauen Rücken zugewandt und dabei immer wieder nach Fischen Ausschau gehalten, sagt Mühle.

Dass der Eisvogel sich nicht stören ließ, ist für Ulrich Tammler gar nicht so erstaunlich. „Vögel sind Gewöhnungstiere, so wie wir Menschen auch“, sagt der Ornithologe. Nur bei abrupten Störungen würden sie flüchten, also wegfliegen. Eine Situation, die sie abschätzen könnten, hielten sie aus, an die gewöhnten sie sich.

Eine glückliche Gelegenheit für den Hobbyfotografen Mühle. „Ich hatte leider nur eine kleine Kamera dabei. Daher fuhr ich schnell nach Hause, um ein größeres Teleobjektiv zu holen, und kam nach einer Stunde wieder zu der gleichen Stelle zurück“, sagt der Stuttgarter. Und tatsächlich, der Eisvogel war immer noch da, immer noch auf demselben Ast. Wahrscheinlich, weil er an einer der wenigen eisfreien Flächen saß, wo er problemlos an seine Nahrung, nämlich kleine Fische, gelangen konnte.

50 Brutvogelarten im Rotwildpark

Am Neuen See, dem mittleren der drei Seen, sei die Wasseroberfläche zu dieser Zeit noch fast komplett zugefroren gewesen. Nur wenige Stellen, so auch die kleine Bucht, an dem der Eisvogel posierte, seien eisfrei gewesen. „Über das dünne Eis watschelten Enten, auf dem Pfaffensee stritten sich Blesshühner. Auch Kormorane waren zugegen“, sagt Mühle.

Der Rotwildpark beherbergt laut Ulrich Tammler rund 50 Brutvogelarten. Neben Waldvögeln bewohnen ihn außerdem Wasservögel wie der Eisvogel oder Blesshühner. „Die Parkseen sind das bedeutendste Brutgebiet für Blesshühner“, sagt der Experte. Die Besonderheit des Rotwildparkes sei jedoch der Halsbandschnäpper, von dem bis zu 26 Brutpaare gezählt wurden (Stand 2020). In Baden-Württemberg komme das Tier eher auf Streuobstwiesen vor. Daher seien die im Rotwildpark lebenden Halsbandschnäpper für das Bundesland die größte und dichteste Waldpopulation, die es gebe. Der häufigste Vogel in den westlichen Wäldern sei aber der Specht, dessen Population deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen würde.

Inzwischen ist die gefrorene Schicht auf den Seen wieder geschmolzen. Den Eisvogel bekam Claus Mühle seitdem nicht mehr zu Gesicht beziehungsweise vor die Kamera.