Ein 23-Jähriger, der wegen Vergewaltigung in vier Fällen in Bad Cannstatt verurteilt wurde, soll in Rheinland-Pfalz eine Kollegin zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben.
Es waren deutliche Worte, die ein Richter des Amtsgerichts Bad Cannstatt im Juni 2023 an einen 21 Jahre alten Mann richtete. „Nein heißt Nein. Die erstmalige Verurteilung dient als Warnung. Ich hoffe, dass wir uns im Gerichtssaal nicht mehr begegnen.“
Wegen Vergewaltigung in vier Fällen war der Angeklagte damals als Heranwachsender zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten und zur Zahlung von 6250 Euro Schmerzensgeld verurteilt worden. Außerdem wurde eine Sexualtherapie angeordnet. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er unter anderem seine Freundinnen – 14 beziehungsweise 18 Jahre alt – zum Geschlechtsverkehr gezwungen hatte. Der Angeklagte müsse lernen Grenzen zu akzeptieren, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. „Wir haben aber die Sorge, dass das nicht von selbst weggeht.“
Als Sanitäter in Rheinland-Pfalz im Einsatz
Die Befürchtung war möglicherweise nicht unbegründet. Der heute 23 Jahre alte Mann ist in Rheinland-Pfalz festgenommen worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Frankenthal hält sich bedeckt, bestätigt aber, dass „ein Beschuldigter wegen des Verdachts der Vergewaltigung in Untersuchungshaft sitzt“. Mehr gibt sie zu der Tat nicht preis. Nach unseren Erkenntnissen soll sich die Tat in der Nacht auf Sonntag, 25. Mai, in Neustadt an der Weinstraße bei einer größeren Veranstaltung ereignet haben.
In Stuttgart hatte der junge Mann zwei seiner vier Opfer bei der Arbeit als Rettungssanitäter kennengelernt. Darunter war eine 19-Jährige, die wegen einer Panikattacke den Notruf gewählt hatte. Auf dem Weg ins Krankenhaus hatte sich der damals Gleichaltrige mit ihr über soziale Netzwerke verbunden, und noch in derselben Nacht hatte er mit ihr Geschlechtsverkehr. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Frau aufgrund ihres psychischen Zustands willenlos war.
Polizeiliches Führungszeugnis eingefordert
Auch bei der Veranstaltung in Neustadt an der Weinstraße war der junge Mann wohl als Sanitäter – allerdings ehrenamtlich – im Einsatz. Und dieses Mal steht er im Verdacht, eine Kollegin vergewaltigt zu haben. Die betroffene Hilfsorganisation hat bereits ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. Von seiner Vorstrafe wusste man offenbar nichts. Der Tatverdächtige sei 2022 von Stuttgart nach Mainz gezogen, so sein Vorgesetzter. Als man ihn einstellte, habe man ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis eingefordert. Aber logischerweise hatte er zu diesem Zeitpunkt – zumindest auf dem Papier – noch eine weiße Weste. Der Verpflichtung, neue Eintragungen – die Verurteilung aus Bad Cannstatt – zu melden, sei er nicht nachgekommen.
Sollte der junge Mann erneut verurteilt werden, wird er als Wiederholungstäter sicherlich nicht so glimpflich davonkommen wie am Amtsgericht Bad Cannstatt. Zum einen hätte sich die Vergewaltigung noch in der Bewährungszeit ereignet, zum anderen würde nicht mehr das Jugend-, sondern das Erwachsenenstrafrecht gelten. Vergewaltigung wird mit mindestens zwei Jahren Haft geahndet. Noch ist keine Anklage erhoben worden.