Am Sonntag fällt die Wahl zwischen Christian Riethmüller (li.) und Claus Vogt. Foto: Baumann

Christian Riethmüller muss den letzten gemeinsamen Auftritt mit Claus Vogt absagen. Der Buchhändler wittert eine Kampagne gegen sich, Vogt will den Ball flach halten, und dann mischt auch noch Boris Palmer mit.

Gerlingen - Das Courage in Gerlingen platzte aus allen Nähten. Die zahlreichen Fans des gleichnamigen Fanclubs des VfB Stuttgart hatten sich auf eine fetzige Generalprobe im Präsidentschaftskampf bei ihrem Herzensclub gefreut. Auf einen gepflegten Fußball-Frühschoppen mit Phrasenschwein und Weizenbier. Doch das geplante Fragen-Duell wurde am Sonntag zu einer One-Man-Show. Christian Riethmüller musste kurzfristig absagen. Die Stimme. Sein Arzt hat ihm ein Redeverbot erteilt.

Redeverbot vom Arzt

So gehörte die Bühne alleine Claus Vogt. Der keine Mühe hatte, diese auch zu bespielen. Der 50-Jährige präsentierte sich als kumpelhafter Unternehmer, als (möglicher neuer) Präsident zum Anfassen. Der auf alle Fragen eine Antwort wusste – und klare Vorstellungen formulierte, wie er den Zweitligisten wieder auf Vordermann bringen möchte. Im sportlichen Bereich vor allem durch eine verbesserten Nachwuchsarbeit („Wollen das beste Nachwuchsleistungszentrum Baden-Württembergs werden“), strukturell durch die Neubesetzung des Aufsichtsrats mit dem ehemaligen VfB-Trainer Rainer Adrion sowie Grünen-Politiker Cem Özdemir. „Er würde den VfB bundesweit vertreten und uns gut zu Gesicht stehen“, kündigte Vogt einen neuerlichen Vorstoß bei Özdemir an, der in der Vergangenheit bereits zweimal abgewunken hatte.

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Über eine Stunde lang ging es so quer durch den Gemüsegarten. Von der Frage nach dem Stadion-Bier über die zweite Mannschaft, die Suche nach einem weiteren Investor, eine mögliche Frauenfußballmannschaft und die brenzlige sportliche Situation vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg (20.30 Uhr). Natürlich kam auch der Präsidentschaftswahlkampf zur Sprache, der mit der Mitgliederversammlung am kommenden Sonntag in der Schleyerhalle entschieden wird. Mit harten Bandagen wird da gekämpft, das machte der jüngst publik gemachte Facebook-Post von Vogts Kontrahent Riethmüller deutlich.

Der Buchhändler aus Tübingen hatte sich im April nach der Spuckattacke von Santiago Ascacibar gegen Kai Havertz im Ton vergriffen („Solche fiesen, miesen kleinen Stinker haben wir nicht nötig“). Ein Screenshot des längst gelöschten Kommentars war am Freitag verschiedenen Medien zugespielt worden, wohl in der Absicht, Riehtmüller zu schaden beziehungsweise Vogt zu protegieren.

Auch Boris Palmer mischt mit

Am Samstag gab der 45-Jährige mit einem Tag Verspätung zu, den Beitrag aus der Emotion heraus tatsächlich verfasst zu haben. Riethmüller entschuldigte sich dafür, beklagte zugleich aber einen schmutzigen Wahlkampf. „Die ganze Art und Weise stimmt mich sehr, sehr nachdenklich“, schreibt Riethmüller auf seiner Facebook-Seite. „Offenbar will man verhindern, dass ich Präsident des VfB Stuttgart werde.“

Woraufhin ihm Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zur Seite sprang und ebenfalls auf Facebook ein „negative campaigning“ wie im US-Wahlkampf beklagte. Palmers Parteinahme pro Riethmüller liest sich so: „Ein unbedachter Satz hat exakt Null Aussagekraft über die Eignung für ein politisches Amt oder eine Führungsposition in der Wirtschaft. Ich würde eher sagen, wenn man nur aalglatte Sätze von jemanden findet, ist Vorsicht geboten.“

„Ach je“, entfuhr es Vogt, als er am Sonntag auf Riethmüllers Facebook-Kommentar angesprochen wurde. „Man darf das nicht auf die Goldwaage legen. Von mir hört man im Stadion manchmal auch Sachen, wo sich meine Frau hinterher wünscht, ich wäre nicht im Stadion gewesen.“

Wer sucht nach den Leichen im Keller?

Wer nun fleißig dabei ist, nach Leichen in Riethmüllers Keller zu suchen und diese auszubuddeln, ist die große Frage. Zuvor waren nach einer vor dem VfB-Mitgliederausschuss getätigten Aussage Riethmüllers über Türken bereits unterschwellige Rassismus-Vorwürfe gegen den früheren Aldi-Manager laut geworden.

Vorwürfe gegen Vogt wurden noch keine erhoben – auch von Riethmüller nicht. Am Sonntag stellte der Waldenbucher sein gutes Verhältnis zu seinem Widersacher zur Schau. Erst gestern habe man miteinander telefoniert, sagte Vogt: „Ich wünsche dem Christian alles erdenklich Gute.“