Vorletzter Spieltag der Saison 2014/2015: Daniel Ginczek, Martin Harnik und Daniel Didavi (von links) imitieren bei ihrem Torjubel eine Gruppe von Affen – eine eindeutige Botschaft an Trainer Huub Stevens. Foto: Baumann

Vor dem Spiel beim FC Bayern befindet sich der VfB in akuter Abstiegsgefahr. Wir blicken auf die Spielzeiten zurück, in denen das Saisonfinale für die Stuttgarter ebenfalls zum Nervenkrimi in Tabellenkeller wurde.

Vor dem letzten Auswärtsspiel der Saison beim Bayern an diesem Sonntag (17.30 Uhr) steckt der VfB Stuttgart tief im Tabellenkeller der Bundesliga fest – wieder einmal. Gleich mehrfach in den vergangenen Jahren geriet der Endspurt zur Zitterpartie um den Ligaverbleib, nicht immer mit gutem Ende. Ein Rückblick auf ein Jahrzehnt im Zeichen des Abstiegskampfs.

2011: Mit Labaddia kommt die Wende

Mit einem relativ beruhigenden Vorsprung von fünf Punkten auf den Relegationsrang geht der VfB in den vorletzten Spieltag – und beseitigt durch einen 2:1(0:0)-Heimerfolg gegen den Champions-League-Aspiranten Hannover 96 die letzten Zweifel. Als Retter wird Trainer Bruno Labbadia gefeiert, der die Mannschaft einen Spieltag vor der Winterpause mit gerade einmal zwölf Punkten auf dem Konto vom glücklosen Jens Keller übernommen hatte.

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Am Ende steht Platz vier in der Rückrunden-Tabelle zu Buche, was wesentlich an einer Steigerung der Defensive um die beiden Innenverteidiger Matthieu Delpierre und Serdar Tasci liegt: Auf 35 Gegentore in der Hinrunde folgen nur noch 24 nach der Winterpause. In der Offensive sorgen zudem Mittelfeldspieler Zdravko Kuzmanovic (neun Saisontreffer) sowie das Sturmduo Cacau und Pavel Pogrebnyak (jeweils acht) für die nötigen Tore.

Die Erleichterung an der Mercedesstraße 109 nach Saisonende ist riesig. Sportdirektor Fredi Bobic will mit dem VfB an erfolgreiche Zeiten anknüpfen, viele Beobachter im Stuttgarter Umfeld wähnen die Spielzeit 2010/2011 und den ersten wirklich ernsthaften Abstiegskampf seit zehn Jahren als einmaligen Ausrutscher. Ein Irrglaube, wie sich in den folgenden Jahren herausstellt.

2015: Nervenkrimi in Paderborn

Es sieht gar nicht gut aus für die Weiß-Roten im Mai 2015: Zwei Spieltage vor Saisonende ist der VfB als Tabellenletzter in akuter Abstiegsgefahr – und Trainer Huub Stevens setzt in der Woche vor dem richtungsweisenden Kellerduell mit dem Hamburger SV einen neuen Reiz: In einer öffentlichen Trainingseinheit faltet der Niederländer seine Profis verbal zusammen („Ihr seid Affen, Affen seid ihr!“) und scheint sein Team damit erfolgreich wachzurütteln: Die Stuttgarter besiegen den HSV um Ex-VfB-Coach Bruno Labbadia mit 2:1 und imitieren beim Jubel über Martin Harniks Siegtreffer (35.) eine Gruppe tanzender Primaten.

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Am letzten Spieltag macht der VfB dann in einem Herzschlag-Finale sogar den direkten Klassenverbleib perfekt: Daniel Ginczek gelingt in der 72. Minute der erlösende 2:1-Siegtreffer beim SC Paderborn. Mit einem Unentschieden wäre der VfB übrigens direkt abgestiegen gewesen.

Die Saison 2014/2015 ist bereits die zweite Spielzeit in Folge, in der Routinier Stevens als Feuerwehrmann auf der Trainerbank einspringt: Zuvor hatte er im März 2014 zehn Spieltage vor Saisonende Thomas Schneider nach neun sieglosen Spielen in Folge als Cheftrainer abgelöst – und die Mannschaft mit zwölf Punkten aus den folgenden sieben Spielen wieder in die Spur gebracht.

2016: Negativserie und Platzsturm

Die dritte Saison in Folge kämpft der VfB bis zuletzt gegen den Abstieg aus der Bundesliga – dieses Mal ohne Happy End. Am vorletzten Spieltag entlädt sich nach einer 1:3(1:1)-Heimniederlage gegen den FSV Mainz 05 der ganze Frust mehrerer aufgebrachter Fans, die aus der Cannstatter Kurve auf den Rasen stürmen. Kapitän Christian Gentner und Weltmeister Kevin Großkreutz suchen das Gespräch, können den Anhang aber nur bedingt beruhigen. Am letzten Spieltag kassiert der VfB beim VfL Wolfsburg die sechste Niederlage in Folge und muss den Gang in Liga zwei antreten.

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Nach dem ersten Abstieg aus der Bundesliga seit 41 Jahren bleibt rund um den VfB kaum ein Stein auf dem anderen: Neben Trainer Jürgen Kramny muss auch Sportvorstand Robin Dutt gehen, der trotz eines beispiellosen Abwärtssogs im Saisonfinale mit neun sieglosen Spielen an Kramny festgehalten hatte. Auch Präsident Bernd Wahler macht den Weg frei und tritt am Tag nach dem Abstieg von seinem Amt zurück.

Der Blick auf das Stuttgarter Punktkonto zeigt allerdings auch, dass bei einer verkorksten eigenen Saison die Ausbeute der anderen Mannschaften ein entscheidender Faktor sein kann: Mit 33 Punkten steigt der VfB 2015/2016 direkt ab – in der Vorsaison hatte noch ein Zähler weniger zum direkten Klassenverbleib gereicht.

2019: Tränen an der Alten Försterei

Zwei Spieltage vor Schluss kann sich der VfB auf Platz 16 schon für die Relegation warm spielen. Sieben Punkte Rückstand an das rettende Ufer zum FC Schalke 04 sind nicht mehr aufzuholen, fünf Zähler Vorsprung auf den 1. FC Nürnberg zugleich ein beruhigendes Polster auf die direkten Abstiegsränge.

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In die entscheidenden Spiele gegen den Zweitligadritten Union Berlin geht es mit Interimstrainer Nico Willig – und einer ebenso routinierten wie prominent besetzten Mannschaft um Weltmeister Benjamin Pavard, Champions-League-Sieger Mario Gomez und Ex-Nationalspieler Holger Badstuber. Den zweiten Abstieg binnen drei Jahren können aber auch sie nicht verhindern. Nach einem 2:2 im Hinspiel steigt der VfB durch ein torloses Remis an der Alten Försterei in Berlin aufgrund der – inzwischen abgeschafften – Auswärtstorregel ab.

Danach richten sich die Stuttgarter neu aus und setzten unter Sportdirektor Sven Mislintat verstärkt auf junge Talente. Zunächst mit Erfolg: Dem Team gelingt der direkte Wiederaufstieg und anschließend als Neuling ein starker neunter Platz. In der laufenden Saison aber sind die Abstiegssorgen zurück, nach 32 Spieltagen belegt der VfB den Relegationsrang. Ob der Abstieg noch verhindert werden kann? Ungewiss.