Jamie Leweling kann die späte Niederlage gegen Bayer Leverkusen nicht fassen. Foto: Baumann

der VfB Stuttgart hat gegen Bayer Leverkusen ein über weite Strecken gutes Spiel gezeigt – und doch auf brutale Art und Weise verloren. So wachsen sich aktuelle Probleme weiter aus.

Es waren die logischen Versuche, dem Geschehenen am späten Sonntagabend doch noch etwas Gutes abzuringen. „Wenn wir weiter das bringen, was wir heute auf den Platz gebracht haben“, sagte der Stürmer Ermedin Demirovic, „dann gibt es nicht viele Mannschaften, die uns schlagen können.“ Sein Trainer Sebastian Hoeneß betonte: „Wir waren leidenschaftlich, mutig, dynamisch und sind als Mannschaft aufgetreten.“ Und Sportvorstand Fabian Wohlgemuth meinte mit Blick auf die kommenden Wochen: „Wir schreiben gar nichts ab. Wir wollen weiter versuchen, so viele Punkte wie möglich zu holen.“

Starke Worte des Trios – zu denen die Körpersprache jedoch nicht so recht passen wollte. Demirovic, Hoeneß, Wohlgemuth – sie alle waren sichtlich gezeichnet vom Nackenschlag der Minuten zuvor.

Der VfB Stuttgart hatte im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen 1:0 geführt, auf 2:0 erhöht, später das 1:2 der Werkself mit dem 3:1 gekontert. Doch am Ende feierten nicht die Weiß-Roten vor der Cannstatter Kurve das Ende einer mittleren Ergebniskrise, sondern die Gäste eine ihrer sagenhaften Aufholjagden. 3:4 hieß es nach dem Abpfiff aus Stuttgarter Sicht. Was in Summe den tabellarischen Abwärtstrend der vergangenen Wochen bestätigte.

„Hart“, „bitter“ und „brutal“ fand das VfB-Trainer Hoeneß – wohl auch, weil er weiß, wie gefährlich die allgemeine Lage derzeit ist. „Es ist“, konkretisierte Wohlgemuth, „eine Phase, in der einfach nichts funktionieren will.“ Die Zahlen belegen das.

Nur eines der vergangenen acht Bundesligaspiele hat der VfB gewonnen. In der Hinrundentabelle noch Fünfter, rangiert das Team im Tableau der Rückrunde derzeit auf dem 15. Rang. Sechs Heimniederlagen gab es schon, vier davon in den vergangenen eineinhalb Monaten. Fünfmal in Folge reichte dem VfB zuletzt zudem eine Führung nicht für einen Sieg. Das alles klingt alarmierend – in Bezug auf die Ziele, die die Stuttgarter qua ihrer sportlichen und wirtschaftlichen Kaderstärke mittlerweile anstreben.

Der VfB verliert den Anschluss an die anvisierten Plätze

„Der Anschluss an das vordere Drittel droht verloren zu gehen“, gab Fabian Wohlgemuth zu, dabei wäre keine weitere Übersaison nötig gewesen, um sich aktuell wieder in den Champions-League-Rängen zu tummeln. Doch nun hat der VfB schon acht Punkte Rückstand auf Rang vier, fünf sind es auf die weiteren Plätze, die wieder für internationale Spiele berechtigen. Zwar hat der Vorstandschef der VfB AG, Alexander Wehrle, jüngst noch einmal betont, man habe die wirtschaftlichen Planungen ohne weitere Einnahmen aus dem Europapokal gestaltet, eine Enttäuschung wäre eine Endplatzierung abseits jener Ränge dennoch.

Für eine Wende zum Guten sprechen natürlich Dinge, die die Mannschaft zuletzt gezeigt hat. Die vielen herausgespielten Chancen beim 1:1 bei der TSG Hoffenheim, das Dagegenhalten gegen den FC Bayern (1:3), der Ausgleich in Unterzahl in Kiel (2:2), der energetisch und offensiv starke Auftritt gegen den Meister. Aber: Es passt eben quasi nie mehr alles zusammen beim VfB.

Formkrisen dauern fort – wie die von Deniz Undav oder Josha Vagnoman. Auch andere – wie etwa Enzo Millot, Chris Führich oder das Mittelfeldduo Atakan Karazor/Angelo Stiller – kommen zu selten an ihr oberes Leistungslimit. Hoeneß’ Händchen bei Einwechslungen ist nicht mehr so glücklich wie einst. Die Abwehr muss ständig neu sortiert werden, mit der Folge, dass mindestens einer immer patzt. Das Stuttgarter Spiel ist nicht mehr konstant geprägt von Konsequenz – in vielerlei Bereich, offensiv wie defensiv. Zuletzt in Kiel musste eine Hälfte lang sogar die Einstellung zum Spiel infrage gestellt werden. Alles zusammen ergibt diese eben ungenügende Ausbeute der vergangenen Monate. Und zieht die Frage nach sich: Wie kommt der VfB raus aus diesem Teufelskreis?

Im Prinzip ist aktuell nur klar, wie es nicht funktionieren wird. „Es bringt nichts, in Selbstmitleid zu verfallen“, sagte Sebastian Hoeneß und kündigte an, den Problemen noch gründlicher auf den Grund gehen zu wollen: „Wir müssen etwas tiefer graben.“ Der Rest ist ein Klammern an die guten Dinge, wie es sie vor allem am Sonntag gegen Bayer Leverkusen zu sehen gegeben hat.

„Wenn wir so auftreten wie gegen Bayer, werden wir den Frankfurtern Probleme bereiten“, schaute der VfB-Coach voraus auf das nächste Bundesligaspiel bei der Eintracht (29. März, 18.30 Uhr). Er hat eine solche Phase übrigens schon einmal erlebt. In der Saison 2021/2022 gewann Hoeneß mit der TSG Hoffenheim von den letzten neun Spielen kein einziges mehr und wurde Neunter, es folgte die Trennung am Ende der Spielzeit. Nun ergänzt der Trainer: „Wir müssen da gemeinsam durch.“ Allerdings folgt nun erst einmal die Länderspielpause, die ein weiteres Aufarbeiten der Problemfelder mit der ganzen Mannschaft unmöglich macht.

Ermedin Demirovic, der bei der bosnischen Nationalelf den Kopf freibekommen möchte, verspricht dennoch: „Wir wollen im Endspurt nochmal richtig Gas geben.“ Acht Bundesligaspiele sind noch zu spielen, unter anderem gegen den VfL Bochum, den FC St. Pauli, den 1. FC Heidenheim oder den 1. FC Union Berlin.

Ein gutes Ende der Saison ist also noch möglich – wird dem VfB aber nicht zufliegen.