Kocht sein eigenes Süppchen: Siegfried Lorek (CDU – re) bei einem Kochduell mit dem Grünen-Lokalpolitiker Alfonsio Fazio Foto: Gottfried Stoppel/Gottfried Stoppel

Nach einer Rüge antwortet das Innenministerium auf eine erneute Anfrage des Parlaments zum umstrittenen Justizstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) – und räumt ein, der habe sich als Abgeordneter aktiv in die Regierungsarbeit eingebracht.

Stuttgart - In der Landtagsdebatte um Ministerien und deren Personal hat SPD-Mann Boris Weirauch in der vergangenen Woche den Finger in die Wunde gelegt. Mit Blick auf die in unserer Zeitung Anfang Mai erhobenen Vorwürfe von Vetternwirtschaft und den jetzigen Staatssekretär im Justizministerium, Siegfried Lorek (CDU), sagte der Genosse: „Das ist die Geschichte hinter der Geschichte. Es ist einfach so, wie es dastand. Und das wissen wir alle, so wie wir hier stehen.“ Die These des Sozialdemokraten: Lorek sei als Spitzenministerialer im Innenministerium vor allem der Polizei nicht zu vermitteln gewesen, deshalb habe man ihn – für den Steuerzahler kostenintensiv – ins Justizministerium auf eine eigens geschaffene Stelle abgeschoben.

Mit einem Aufgabenbereich, der bislang im Innenressort verantwortet wurde: Migration. Im Innenministerium wurden ebenfalls Stellen für zwei Staatssekretäre geschaffen: als parlamentarischer Staatssekretär Wilfried Klenk (CDU), der sich eigentlich schon in den Ruhestand verabschiedet hatte – wie Julian Würtenberger (CDU), der nun als beamteter Staatssekretär auch parlamentarische Anfragen für seinen Minister Thomas Strobl (CDU) beantwortet.

Persönliche Referentin und gut versorgt nach der Wahl

Loreks Frau war das Abgeordnetenmandat ihres Mannes für einen Laufbahnwechsel vom gehobenen in den höheren Dienst zuträglich. Dazu wechselte sie ohne Ausschreibungsverfahren und Test als persönliche Referentin zur früheren Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) eigens vom Innen- ins Kultusministerium, vom Polizei- in den Verwaltungsdienst. Der Parlamentarier mauschelte mit, als Spitzenstellen bei der Landespolizei besetzt wurden – ohne dass diese Stellen für andere Interessenten ausgeschrieben wurden. Im Landespolizeipräsidium spricht man davon, dass in den vergangenen Jahren kaum ein Tag verging, ohne dass der Christdemokrat auftauchte. Der rührige Abgeordnete vertraute Parteifreunden an, zöge er nicht wieder in den Landtag ein, würden ebendiese von ihm geförderten Spitzenbeamte schon für ihn sorgen.

Zudem forderte Lorek Polizisten und Feuerwehrleute 2015 auf, in die CDU einzutreten, um ihn beim regionalen Parteitag zum Landtagskandidaten zu küren. Nach seiner Wahl, so Lorek in einer Mail, könnten die neuen Parteifreunde die Union ja wieder verlassen. Mit hauchdünnem Vorsprung gewann er die parteiinterne Abstimmung gegen den damaligen Amtsinhaber Matthias Pröfrock.

Trotz Gewaltenteilung aktiv eingebracht

Für das Innenministerium sind das „nicht näher konkretisierte Behauptungen ungenannter Dritter in einer Presseberichterstattung“, wie es nunmehr – nach einer gerügten Antwort auf einen FDP-Antrag aus dem Parlament – diesem mitteilt. Die Ministerialen kommen zu einer interessanten Schlussfolgerung: Sie halten für „nachvollziehbar und sinnvoll, dass ein Abgeordneter und fachpolitischer Sprecher seiner Fraktion sich für die in seinem Verantwortungsbereich liegenden Themen interessiert, sich aktiv einbringt“. Zu den Bausteinen der parlamentarischen Demokratie gehört, dass das Parlament, also die Legislative, sich aus dem Tun und Handeln der Regierung, der Exekutive, heraushält. Genau deren Arbeit soll das Parlament kontrollieren, nicht mitgestalten.

Deshalb will der migrationspolitische Sprecher der FDP, Hans Dieter Scheerer, genau hinschauen: „Es spricht für sich, dass das Innenministerium auch auf mehrfache Anfragen aus dem Parlament die erhobenen Vorwürfe nicht dementiert. So räumt das Ministerium ein, dass sich Lorek in die Personalentscheidungen des Hauses eingemischt habe. Strobl kann augenscheinlich die Vorwürfe nicht ausräumen.“ Zwar könne es sein, dass die Vorgänge juristisch formell nicht zu beanstanden seien. Aber politisch habe das Ganze mehr als nur ein „Geschmäckle“. Es bleibe ein dauerhafter Schaden am Innenminister, dem Landespolizeipräsidium und Lorek. „Wer eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten fordert und das damit begründet, das Vertrauen der Bürger zu stärken, der sollte zuerst sein eigenes Handeln an diesem Grundsatz ausrichten.“ Die FDP werde die weiteren Entwicklungen sehr sorgfältig im Blick behalten und auf vollständige Aufklärung hinwirken.

Schweigen auch zur Maskenaffäre und Aserbaidschan

Das will auch die SPD. Deren Innenexperte Sascha Binder fällt ebenfalls auf, dass „bis heute die Aussage des Abgeordneten Lorek, dass im Falle seiner Nichtwahl in den Landtag die Landespolizeipräsidentin und der Inspekteur der Polizei ‚schon für mich gesorgt hätten’ weder von Lorek, noch vom Innenminister, noch von den betroffenen Personen dementiert wurden“. Der Vorwurf, dass Lorek politische Ämter für sein persönliches Vorankommen nutze, sei damit nicht ausgeräumt. „Lorek mogelt sich durch und wird am Ende Staatssekretär“, kritisiert der Sozialdemokrat. Doch der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel und der Landesvorsitzende Strobl unterstützten Lorek auch noch bei seinen undurchsichtigen Methoden. Das sei ganz normal bei Hagel und Strobl: „In der Maskenaffäre nicht hart durchgegriffen und bei den Verstrickungen von CDU-Abgeordneten in der Aserbaidschan-Affäre eisern schweigen“, moniert Binder.