Agrarminister Peter Hauk ist wegen der Vorgänge rund um den Schlachthof Gärtringen mittlerweile selbst in die Schusslinie geraten. Foto: factum/Simon Granville

Der Agrarminister muss im Landtag viel Kritik einstecken, weil er sich im Schlachthof Gärtringen persönlich eingemischt und ein Zwangsgeld ausgesetzt hat.

Stuttgart - In der Affäre um den Schlachthof Gärtringen hat sich Minister Peter Hauk (CDU) im Landwirtschaftsausschuss des Landtags – man darf es wohl so ausdrücken – durch die Mangel drehen lassen müssen. Um das Fazit vorwegzunehmen: Hauk sieht kein persönliches Fehlverhalten. Umgekehrt wurde der Minister zwar vor allem von SPD und Grünen mit viel Kritik konfrontiert, aber persönliche Konsequenzen forderte niemand. Außer Friedrich Mülln von der Soko Tierschutz, die während der Sitzung vor dem Landtag demonstrierte. Mülln legte Peter Hauk den Rücktritt nahe: „Die Koalition wäre gut beraten, diese wichtige Ministerposition mit jemandem zu besetzen, der ehrlich, unverfilzt und kompetent ist.“

Um den komplexen Sachverhalt im Schlachthof Gärtringen zu verstehen, sollte man zwei Bereiche trennen. Zum einen waren im August, gerade durch die Soko Tierschutz, Videos über Tierquälereien vor der Schlachtung an die Öffentlichkeit gelangt; Anfang September wurde der Schlachthof deshalb geschlossen. Das Agrarministerium hat mittlerweile die gesamten 100 Stunden an Videomaterial erhalten und ausgewertet. Laut dem Minister sind nur auf den Sequenzen, die öffentlich sind, Misshandlungen zu sehen. Hauk sagte deshalb im Ausschuss: „Es gab nicht tolerierbares Fehlverhalten von einzelnen Mitarbeitern, aber es gab keine systematischen Verstöße gegen den Tierschutz.“

Vorwurf eines Freundschaftsdienstes steht im Raum

Zum anderen kreist die Debatte um Vorkommnisse im März: Damals hatte das Landratsamt Böblingen ein Zwangsgeld von insgesamt 14 000 Euro gegen den Schlachthof ausgesprochen, weil Mängel von 2018 noch nicht behoben waren. Hauk intervenierte schließlich persönlich und setzte die Vollstreckung des Zwangsgelds aus. Hat er also einem Parteifreund, dem Schlachthof-Geschäftsführer Wilhelm Dengler, einen Freundschaftsdienst erwiesen? Hauk bestreitet dies vehement. Er habe kein persönliches Verhältnis zu Dengler und kenne ihn erst seit diesem Januar.

Auffällig ist allerdings, dass Hauk, der damals eine Einladung in den Schlachthof erhielt, diese nach nicht einmal zwei Wochen in die Tat umsetzte. Dort erfuhr er auch von der finanziell prekären Situation des Schlachthofs, der eine Genossenschaft von Bauern und Metzgern ist. Dengler habe, so trug es Hauk jetzt vor, diesen Kontakt genutzt, um mehrfach in einer „vorrangig einseitigen Kommunikation“ im Ministerium Hilfezu ersuchen. Er, Hauk, habe aber bis auf ein weiteres Mal keinen Kontakt mehr zum Geschäftsführer gehabt.

Stromstöße zur Betäubung waren nicht lang genug

Die Aussetzung des Zwangsgeldes habe er später allein wegen der Corona-Pandemie veranlasst: Im März sei unklar gewesen, ob die Versorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten sei – ein Schlachthof sei systemrelevant gewesen.

Die anschließende Debatte im Ausschuss kreiste vor allem um die Frage, ob die damals bekannten Mängel zu direktem Leid für die Tiere geführt hatten oder nicht. Vor allem ging es um die Betäubungsanlage: Nach dem Gesetz muss der Kopf eines Schweins vier Sekunden lang mit Strom durchflossen werden, um eine ausreichende Betäubung zu gewährleisten. In Gärtringen waren es zunächst wohl nur 2,5 Sekunden, nach einer Nachjustierung 3,5 Sekunden.

Zwangsgeld muss nach Schließung nicht mehr bezahlt werden

Reinhold Gall (SPD) kritisierte, dass bei einem Monitoring von 40 Betrieben im Jahr 2018 fast alle Schlachthöfe Beanstandungen hinnehmen mussten und dass ein Teil dieser Mängel auch zwei Jahre danach noch nicht beseitigt seien: „Verstöße werden offensichtlich nicht konsequent geahnet“, sagte Gall.

Übrigens: Da der Schlachthof Gärtringen nun geschlossen ist, muss das Zwangsgeld definitiv nicht mehr bezahlt werden.