Hinweise der Bevölkerung brachten die Ermittler nun auf die Spur eines Deutschen, der nun unter Mordverdacht steht (Archivbild). Foto: dpa/John Stillwell

Seit mehr als einem Jahrzehnt bewegt das ungeklärte Schicksal der kleinen Maddie viele Menschen über Landesgrenzen hinweg. Nun die überraschende Wende: Ein Deutscher steht unter Mordverdacht. Die Ermittler setzen weiter auf Hinweise aus der Bevölkerung.

Braunschweig/Wiesbaden - Im Fall des vor gut 13 Jahren verschwundenen britischen Mädchens Madeleine „Maddie“ McCann hoffen die Ermittler auf Hinweise aus der Bevölkerung, nachdem ein Deutscher unter Mordverdacht geraten ist. Der Fall war am Mittwochabend – wie schon früher – Thema in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“.

Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen einen 43-Jährigen, der mehrfach wegen Sexualstraftaten auch an Kindern vorbestraft sei. Er verbüße derzeit in anderer Sache eine längere Haftstrafe, teilte das BKA am Abend in Wiesbaden mit.

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Die damals dreijährige Maddie war am 3. Mai 2007 aus einer Appartementanlage im portugiesischen Praia da Luz verschwunden. Die Eltern waren zu der Zeit in einem nahe gelegenen Restaurant essen. Das ungeklärte Schicksal des Mädchens hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Ermittler waren von einer Entführung ausgegangen. Zeitweise standen auch die Eltern selbst unter Verdacht.

Mann wegen Vergewaltigung an 72-Jähriger verurteilt

Nach Informationen der „Braunschweiger Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) handelt es sich bei dem nun Beschuldigten um einen Mann, der 2019 vom Landgericht Braunschweig wegen Vergewaltigung einer damals 72-jährigen Amerikanerin verurteilt worden sei. Der Mann soll die Tat in demselben portugiesischen Ort begangen haben, in dem rund anderthalb Jahre später die kleine Maddie verschwunden sei.

Im Dezember 2019 sei der Mann vor dem Braunschweiger Landgericht zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, berichtet die „Braunschweiger Zeitung“. Das Urteil sei bislang nicht rechtskräftig. Der Angeklagte werfe der Justiz Rechtsfehler im Auslieferungsverfahren vor.

Nach BKA-Angaben hatte der Verdächtige zwischen 1995 und 2007 regelmäßig an der Algarve gelebt, unter anderem für einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz. „Nach hier vorliegenden Erkenntnissen ging er in dieser Zeit im Raum Lagos mehreren Gelegenheitsjobs, unter anderem in der Gastronomie, nach“, teilte das BKA mit.

Viele Indizien, aber kein entscheidender Beweis

Bereits nach einer Sendung von „Aktenzeichen XY... ungelöst“ aus dem Jahr 2013 seien Hinweise auf den Deutschen eingegangen, sagte Christian Hoppe vom BKA am Mittwochabend in der ZDF-Sendung. Auch nach einem Bericht zehn Jahre nach dem Verschwinden des Mädchens habe es Hinweise gegeben. Damals reichten die Informationen aber nicht für Ermittlungen oder eine Festnahme aus, wie Hoppe berichtete. Es gab demnach viele Indizien, der entscheidende Beweis fehle aber noch. Die Ermittlungen führten zu der Annahme, dass das Mädchen einem Tötungsdelikt zum Opfer gefallen ist.

Wie Scotland Yard am Mittwochabend mitteilte, trug der Mann zur Tatzeit kurzes, blondes Haar und war etwa 1,80 Meter groß. Besonderes Augenmerk lenkten die britischen Ermittler auf zwei Fahrzeuge und zwei Telefonnummern, die der Verdächtige benutzt haben soll. Es geht um einen Caravan vom Typ VW T3 Westfalia mit portugiesischem Nummernschild, in dem der Mann zeitweise gewohnt haben soll, und einen Jaguar, Model XJR 6, mit einem deutschen Kennzeichen. Am Tag nach Maddies Verschwinden sei der Jaguar auf einen neuen Halter umgemeldet worden.

An dem Abend, als Maddie verschwand, soll der Verdächtige einen Anruf erhalten haben unter der Nummer +351 912 730 680 mit portugiesischer Ländervorwahl. Der Anruf wurde in der Region um Praia de Luz entgegengenommen. „Ermittler glauben, dass die Person, die diesen Anruf getätigt hat, ein höchst wichtiger Zeuge ist, und rufen sie dazu auf, in Kontakt zu treten“, hieß es in der Scotland-Yard-Mitteilung. Die Nummer des Anrufers laute +351 916 510 683.

Maddies Eltern wollen Frieden finden

Die Erkenntnisse seien das Ergebnis einer jahrelangen Zusammenarbeit, der britischen, deutschen und portugiesischen Polizei, hieß es weiter. „Nach dem 10. Jahrestag erhielt die Metropolitan Police Informationen über einen deutschen Mann, der sich bekanntermaßen in und um Praia de Luz aufhielt. Wir haben mit Kollegen in Deutschland und Portugal zusammengearbeitet und dieser Mann ist ein Verdächtiger im Fall des Verschwindens von Madeleine“, sagte Detective Chief Inspector Mark Cranwell der Mitteilung zufolge. Scotland Yard betonte jedoch, dass es sich weiterhin um einen Vermisstenfall handle.

Madeleines Eltern hatten sich mit teils emotionalen Aufrufen immer wieder an die Öffentlichkeit gewandt, um Informationen über den Verbleib ihrer Tochter zu erhalten. „Alles, was wir je wollten, ist sie zu finden, die Wahrheit ans Licht zu bringen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“, heißt es in einem Statement der Eltern in der Scotland-Yard-Mitteilung. „Wir werden niemals die Hoffnung aufgeben, Madeleine lebend zu finden, aber was auch immer herauskommen sollte, wir müssen es wissen, weil wir Frieden finden müssen.“