Ministerin Yellen appelliert an den Kongress. Foto: imago//Bonnie Cash

Am Donnerstag wird die Verschuldungsobergrenze erreicht. Falls der Kongress nicht handele, drohe „irreparabler Schaden für die US-Wirtschaft“, sagt Finanzministerin Janet Yellen.

Die USA erreichen an diesem Donnerstag mit einer Verschuldung von 31,4 Billionen Dollar die erlaubte Obergrenze. Ohne Erhöhung des Limits durch den Kongress droht die Staatspleite.

Finanzministerin Janet Yellen machte es schriftlich. In einem Brief an den neuen Speaker im Kongress, Kevin McCarthy, mahnte sie, dass nicht mehr viel Zeit verbleibt, einen Bankrott der Vereinigten Staaten zu verhindern. An diesem Donnerstag werde die Verschuldungsobergrenze erreicht. Von da an könne das Finanzministerium noch bis Anfang Juni mit „außerordentlichen Maßnahmen“ die ausstehenden Rechnungen der Supermacht begleichen.

Einbruch der Aktienmärkte droht

Die Gesetzgeber müssten deshalb „zeitnah tätig werden“, die Schuldendecke anzuheben, schrieb Yellen dem Republikaner und wiederholte ihre Warnung noch einmal bei einer Anhörung im Senat. Falls der Kongress nicht handele, drohe „irreparabler Schaden für die US-Wirtschaft, das Leben aller Amerikaner und die globale Stabilität der Finanzmärkte“.

USA starren in den Abgrund

Erstmals seit dem Tauziehen um die Neuverschuldung zwischen den Republikanern im Repräsentantenhaus und dem damaligen Präsidenten Barack Obama starren die USA wieder in den Abgrund des Staatsbankrotts. Allein die Möglichkeit, dass die Regierung ihren Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern nicht nachkommen könnte, sorgte 2011 für einen Einbruch der Aktienmärkte, des Immobilienmarkts und in der Folge der gesamten Konjunktur. Die Ratingagentur S&P stufte die Kreditwürdigkeit der USA zum ersten Mal in der Geschichte ab. Doch im Unterschied zu der vergangenen Krise scheinen die Republikaner diesmal bereit zu sein, die Staatspleite zu riskieren. Wie die „Washington Post“ unter Berufung auf sechs Quellen berichtet, machte McCarthy bei der Speaker-Wahl weitreichende Zusagen an die rechten Rebellen in seiner Fraktion. Diese hatten die hauchdünne Mehrheit der Republikaner als Hebel benutzt, das Versprechen eines kompromisslosen Kurses bei der notwendigen Anhebung der Neuverschuldungsobergrenze zu erzwingen.

„Wir haben uns darauf verständigt, bis zum Ende des ersten Quartals 2023 ein Gesetz zu verabschieden, das die Rangfolge bei der Bedienung von Verbindlichkeiten festlegt“, bestätigt der Texaner Chip Roy die Einigung mit McCarthy. Dessen Wahl war 14 Runden lang am Widerstand des radikalen „Freedom Caucus“ gescheitert.

Können Lebensmittelhilfen noch gezahlt werden?

Eine Schuldenpriorisierung würde festlegen, welche Rechnungen die Regierung in welcher Reihenfolge bezahlt. Dem Vernehmen nach planen die Republikaner in dem Gesetzentwurf festzuschreiben, dass zuerst die Zinsen für Staatsanleihen, Rentenzahlungen und Gesundheitskosten des „Medicare“-Systems für Pensionäre, Leistungen an Veteranen und Ausgaben für das Militär geleistet werden müssten. Zur Disposition stünden dagegen die Budgets Hunderter Programme wie Lebensmittelhilfen, Grenzkontrollen und Luftfahrtsicherheit.

Taktik wie eine „Geiselnahme“

Speaker McCarthy appellierte an das Weiße Haus, umgehend in Verhandlungen über die Neuverschuldung einzutreten. Er wollte sich öffentlich nicht festlegen, welchen Preis er verlangt. Das Weiße Haus machte klar, es werde keine Verhandlungen darüber geben, ob die USA bereits angefallene Verbindlichkeiten bediene, zu denen Republikaner und Demokraten gleichermaßen beigetragen haben. „Daran dürfen keine Bedingungen geknüpft werden“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.

Der demokratische Senator Brian Schatz verglich die Taktik der Republikaner im Repräsentantenhaus mit einer Geiselnahme. Wie der „Freedom Caucus“ McCarthy keine Wahl gelassen habe, versuchten die Republikaner dies nun mit dem Wohl der ganzen Nation zu tun. „Im Gegenzug dafür, dass sie die Wirtschaft nicht vor die Wand fahren, bekommen sie nichts“, erklärte Schatz, dessen Partei die Mehrheit im Senat hält. „Nicht einmal einen Keks.“