„Liebe kann man nicht gewaltsam erzwingen“, sagte die Vorsitzende Richterin im Gerichtsurteil. Foto: picture alliance/dpa

Das Landgericht verurteilt einen 33-Jährigen, der in Ludwigsburg mit einem Messer auf den Freund seiner Ex-Partnerin losgegangen ist.

„Liebe kann man nicht gewaltsam erzwingen“, war einer der zentralen Sätze, die die Vorsitzende Richterin während der Urteilsbegründung zum 33-jährigen Angeklagten sagte, den die 1. Große Strafkammer zu drei Jahren und neun Monaten Haft wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verurteilte.

Der Mann war am Morgen des 5. Mai vergangenen Jahres über den Balkon und eine aufgehebelte Tür in die Wohnung seiner Ex-Partnerin eingedrungen. Er hatte die Nacht über einiges an Bier und Wein mit einem Bekannten getrunken. Dieser verabschiedete sich dann mit den Worten, er müsse nun nach einer Frau gucken, die von ihrem Mann geschlagen werde.

Beide hatten die ganze Nacht über nicht reagiert

Der Angeklagte war überrascht und erbost, als er diesen Bekannten zusammen mit seiner Ex-Partnerin im Bett fand. Er sah seinen über Nacht gereiften Verdacht bestätigt, denn beide hatten die ganze Nacht über nicht auf Nachrichten und Anrufe von ihm reagiert.

Nach Ansicht des Gerichts attackierte er daraufhin den schlafenden Mann mit einem mitgebrachten Messer mit neun Zentimetern Klingenlänge. Er traf ihn erst am Hals und anschließend an Ober- und Unterschenkel, nachdem sich der Mann mit den Beinen gegen den Angreifer gewehrt hatte. Dem Mann und der Frau gelang es dann, den Angeklagten aus dem Zimmer zu drängen und die Tür zu schließen. Der Angeklagte versuchte noch einmal hineinzukommen. Er stach mit einem Messer aus der Küche auf die Tür ein und warf sich gegen sie, allerdings erfolglos. Als er mitbekam, dass die Frau die Polizei alarmierte, machte er sich auf die Flucht und wurde drei Monate später in Polen festgenommen.

„Ein Vertrauensbruch ist immer ärgerlich. Aber die Frage ist, was man daraus macht“, sagte die Vorsitzende Richterin in Richtung des Angeklagten. Es bedürfe einer gewissen kriminellen Energie, in eine Wohnung einzubrechen, um die Frau zu kontrollieren. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Frau nicht ganz ehrlich zum Angeklagten gewesen sei und sich einem anderen Mann zugewandt habe, während sie ihm gegenüber von einer Trennung auf Zeit gesprochen habe.

Der Prozess konnte nach nur drei Verhandlungstagen abgeschlossen werden, da sich Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf eine Prozessverständigung geeinigt hatten. Dieser zufolge war dem 33-Jährigen ein Strafrahmen zwischen drei Jahren und neun Monaten und vier Jahren und drei Monaten für den Fall eines Geständnisses angeboten worden. Ein solches hatte der Angeklagte dann auch abgelegt.

„Es war ein Augenblicksversagen“

Dieses hielten die Richter dem 33-Jährigen zugute – ebenso wie die Tatsache, dass er sich entschuldigt hatte und aus einer alkoholbedingten Enthemmung heraus gehandelt hatte. „Es war ein Augenblicksversagen“, meinte die Vorsitzende Richterin, die zudem die geringen Verletzungsfolgen auf der Habenseite des Angeklagten vermerkte. Gegen den 33-Jährigen habe gesprochen, dass er vorbestraft gewesen und unter Bewährung gestanden sei.

Mit dem Urteil entsprach das Gericht dem Schlussantrag der Verteidigung, die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre und drei Monate Haft gefordert. Die Vorsitzende Richterin erklärte zudem, das Verhalten des Angeklagten sei durch seine instabile Kindheit und Jugend in verschiedenen Heimen nachvollziehbar. Zudem habe er das Schlimmste erlebt, was einem Kind widerfahren könne, als der Vater die Mutter getötet habe. „Aber gerade vor so einem Hintergrund mit Gewalterfahrung sollten Sie während der Haftzeit dringend daran arbeiten, mit Enttäuschungen wie verschmähter Liebe umzugehen“, empfahl die Vorsitzende Richterin dem Angeklagten zum Schluss.