Frank Burkhardt aus Fellbach pendelt regelmäßig von Fellbach nach Waiblingen. Er erzählt, welche Mängel er im ÖPNV aufgrund seiner Einschränkungen besonders hart spürt.
Frank Burkhardt kommt mit dem 60er-Bus aus Fellbach-Schmiden zum Treffen am Fellbacher Bahnhof. Mit ihm steigen viele Schüler aus, das Gewusel ist er gewohnt. Der Fellbacher ist seit sieben Jahren ausschließlich mit Bus und Bahn unterwegs. „Ich darf nicht mehr Autofahren wegen meiner Einschränkung beim Sehen“, sagt er. Der Fachbegriff für seine Krankheit lautet Hemianopsie. Das bedeutet ein Ausfall des Gesichtsfeldes. Bei ihm ist die linke Seite betroffen, daher hat er auch auf dem linken Arm eine gelbe Blindenbinde mit den drei schwarzen Punkten angebracht.
Frank Burkhardt ist also nicht blind, sieht aber links nichts. Zudem ist er beim Gehen eingeschränkt und braucht zwei Stöcke. Es sind die Auswirkungen einer schweren Erkrankung im Jahr 2017. Das war eine Zäsur. „Vorher bin ich alles mit dem Rad gefahren“, sagt der ehemalige Sportlehrer. Inzwischen könne er wieder in Teilzeit in seinem Beruf im Berufsschulzentrum Waiblingen arbeiten. „Sportunterricht geht natürlich nicht mehr“, sagt er. Nun unterrichtet er BWL, Mathe und Deutsch als Fremdsprache.
Seine Freundlichkeit und die offene Art, auf Menschen zuzugehen, hat er durch die schwere Erkrankung nicht verloren. Er kommt schnell ins Gespräch mit anderen Pendlern. Doch was er in Bus und Bahn immer wieder erlebe, das koste ihn mehr als nur Nerven. „Es ist immer wieder eine Zumutung“, sagt er. Schon seit einiger Zeit notiert er die Vorkommnisse, mit denen er zu kämpfen hat. Es sind ziemlich viele Punkte zusammengekommen.
Der Bus fährt los, bevor sich Frank Burkhardt setzen kann
Er möchte nicht als Miesepeter dastehen, das wird deutlich. Aber durch seine körperlichen Einschränkungen werden die Mängel und Hürden im ÖPNV für ihn besonders spürbar. So habe er beispielsweise immer wieder erlebt, dass die Busse zu schnell losfahren. „Ich steige mit Stock und Blindenbinde ein, und der Bus fährt los, bevor ich sitze“, schildert er eine für ihn gefährliche Situation. Die Gefahr ist dabei groß, hinzufallen und sich zu verletzen. Auch sei ein andermal beim Einsteigen die Türe so schnell geschlossen worden, dass einer seiner Stöcke in die Türe eingeklemmt wurde. Immer wieder könne er mit dem Busfahrer leider auch nicht kommunizieren, aufgrund fehlender Sprachkenntnisse. Auch bei der Infrastruktur gibt es aus seiner Erfahrung noch viel, was Menschen mit Einschränkungen besonders plagt.
Die Bushaltestelle in der Butterstraße in Schmiden hat Mängel
Die Bushaltestelle in der Butterstraße in Fellbach-Schmiden, die er oft frequentiere, sei so ein Beispiel. Diese fällt bei ihm sozusagen durch: „Keine Sitzgelegenheit, kein Dach, kein erhöhter Bussteig, kein Mülleimer.“ Außerdem müsse der daran eng angrenzende Radweg beachtet werden, um gefährliche Zusammenstöße zu vermeiden.
In der Tat fährt in einem Moment am Donnerstagmittag ein Radler sehr flott um die Kurve an der Butterstraße. Nicht jeder Radler wird damit rechnen, dass dort Reisende an der Haltestelle stehen. Fehlende Anschlüsse, weite Wege – das gehört auch zu seinen Erfahrungen. „Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist eine Katastrophe“, sagt er. Da sind die Wegstrecken besonders lang.
Frank Burkhardt möchte seine Kritik als Anregung verstehen, damit es zu Verbesserungen kommt. Er ist in der Landesarbeitsgruppe Behindertenpolitik engagiert und weiß, dass es auch vielen anderen Menschen so geht. Reisende mit Rollstühlen träfe es besonders schwer. Diese müssen teils mit einer Rampe einsteigen wegen des großen Abstands zwischen Bahnsteig und S-Bahn-Wagen.
„Warum gibt es in der S-Bahn keine Toilette?“
script type="module" src="https://player.glomex.com/integration/1/integration.js">Und was er besonders widersprüchlich empfindet, ist, dass direkt unter dem großen Schild „Rauchfreier Bahnhof“ ein Aschenbecher angebracht ist. Am Fellbacher Bahnhof ist das beispielsweise so. „Genau dort rauchen dann die Reisenden und verstehen nicht, dass sie ihre Zigarette dort ausmachen sollen.“
Stammstreckensperrung in Stuttgart verändert alles
Dass gerade wieder alles anders läuft wegen der Stammstreckensperrung, das ist für den ÖPNV-Profi schon keine so große Notiz mehr wert. Die S3 aus Backnang rollt gerade anders als sonst auf Gleis 1 in Fellbach ein – und fährt auf diesem dann auch wieder zurück. Die Linie S3 verkehrt derzeit nur zwischen Fellbach und Backnang. Während der Sommerferien und der Stammstreckensperrung ist der normale Fahrplan wieder passé.