Schornsteinfeger Bernd Kaczmarek reinigt auf einem Dach im Stuttgarter Osten mit seinem Kehrbesen einen Kamin. Doch immer öfter müssen die Kaminfeger ihre Arbeitszeit auch im Büro verbringen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Schornsteinfeger sind Glücksbringer. Wer einen Mann oder eine Frau in Schwarz sieht, hatte bereits Glück. Denn immer öfter müssen sie ihre Zeit in ihren Büros verbringen. „Die Schreibarbeiten haben zugenommen“, sagt Erwin Schmidt, der stellvertretende Obermeister der Schornsteinfegerinnung Stuttgart. Obwohl das Kehrmonopol 2013 fiel, blieben die meisten Verbraucher „ihrem“ Kaminfeger treu.

Noch vor drei Jahren waren die Männer in Schwarz in Aufruhr. Die Europäische Union kippte das langjährige Schornsteinfeger-Monopol. Bis dahin hatte jeder Schornsteinfeger seinen Bezirk. Er besuchte als Bezirksschornsteinfeger automatisch die Haushalte und führte die Überprüfungs-, Kehr- und Kontrollaufgaben durch. Innerhalb seines Bezirks war keine Konkurrenz erlaubt. Dies deckte sich allerdings nicht mit dem von der EU geforderten Wettbewerbsgerechtigkeit. Deutschland musste den Schornsteinfegermarkt liberalisieren. Mit dem neuen Schornsteinfeger-Handwerksgesetz beseitigte der Gesetzgeber die Alleinherrschaft zum 1. Januar 2013. Verbraucher dürfen seitdem frei wählen und sogar Kaminkehrer aus dem EU-Ausland mit der Reinigung und Wartung ihrer Feuerungsanlagen betrauen - theoretisch. „Praktisch ist uns die Mehrzahl der Kunden treu geblieben“, sagt Schmidt. Laut einer Statistik des Bundesverbands haben nur fünf Prozent gewechselt. Einerseits ist dies ein Vertrauensbeweis, andererseits liegt es auch am neuen Verfahren, das bestimmte Pflichten auch für den Hausbesitzer mit sich bringt.

Die einzelnen Kehrbezirke blieben bestehen. „Für ihn wird ein bevollmächtigter Schornsteinfegermeister für sieben Jahre bestellt“, so Schmidt. Bewerben darf sich jeder, der eine Meisterprüfung abgelegt hat. Nur dieser bevollmächtigte Schornsteinfeger darf in diesem Bezirk alle hoheitlichen Tätigkeiten erledigen. Dazu zählt die gesetzlich vorgeschriebene Feuerstättenschau, die im Laufe der Sieben-Jahre-Periode zweimal zu absolvieren ist und die Bauabnahme neuer Kamine oder Feuerstätten. „Für alle anderen Arbeiten wie Emissionsmessungen, Kehr- und Reinigungsarbeiten sowie der Prüfung der Abgaswege nach dem neuen Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) können Verbraucher einen qualifizierten Schornsteinfeger ihrer Wahl beauftragen,“so Schmidt. Auch Heizungs und Sanitärhandwerker können diese Qualifikation erwerben. Einige hätten entsprechende Lehrgänge besucht, dann jedoch gemerkt, dass die Arbeit nicht lukrativ genug ist.

Die Arbeiten sind mit zusätzlichem Papierkrieg für den Handwerker und Kunden verbunden. Hat der Verbraucher einen anderen Schornsteinfeger als den Bezirksbevollmächtigten gewählt, muss der „Freie“ die fachgerechte Durchführung der Arbeiten in einer Messbescheinigung nachweisen, die der Auftraggeber dem Bezirksbevollmächtigten zuschicken muss. Denn mit der Freiheit der Schornsteinfegerwahl sind auch Pflichten auf die Verbraucher zugekommen. „Er muss nun selbstständig auf die Einhaltung aller gesetzlich vorgeschriebenen Kontroll- und Wartungsfristen achten“, so Schmidt. Diese sind im Feuerstättenbescheid niedergeschrieben, den wiederum der bevollmächtigte Schornsteinfeger ausstellen muss. „Dies ist eine der Verwaltungsarbeiten, die uns an den Schreibtisch fesseln“, sagt der stellvertretende Obermeister. Der Aufwand an Papierkram habe deutlich zugenommen. So mussten die Immissionsexperten in Schwarz gemäß der Novellierung des BImSchG Kaminöfen für feste Brennstoffe wie Holz bezüglich Feinstaub und CO-Emission in Schadstoffklassen einstufen. „Ein erheblicher Aufwand“, so Schmidt, der trotz allen Neuerungen seinen vielseitigen Beruf auch wegen der Mischung aus Kundenkontakten und Büroarbeit schätzt.