Jaana Espenlaub setzt sich für Bildungsgerechtigkeit ein. Foto: Eva Funke

Die gemeinnützige Organisation ArbeiterKind.de unterstützt junge Menschen, für die es keine Selbstverständlichkeit ist, zu studieren.

Stuttgart - „Als ich zu euch stieß, erhoffte ich mir Hilfe, wie ich doch mit einem Studium beginnen kann – und ich bekam weit, weit mehr! (. . .) Dafür bin ich euch allen unendlich dankbar!“ Mails wie die von dem Geschichts- und Geografiestudenten Sven Rothlübbers zeigen Jaana Espenlaub von der Organisation ArbeiterKind.de wie wichtig die Arbeit ihrer Organisation ist. Unterstützt wird die 34-Jährige von etwa 30 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Ziel der bundesweit aktiven Organisation ist es, Kindern aus Nicht-Akademiker-Familien Mut zum Studium zu machen.

Noch immer ist deren Anteil an Studierenden minimal: Von 100 beginnen nur 21 ein Studium, 15 schließen einen Bachelor- und acht einen Masterstudiengang ab. „Bei Akademikerkindern ist der Anteil mehr als dreimal so hoch“, sagt Espenlaub und stellt fest, dass Bildungsgleichheit längst nicht erreicht ist.

Synonym für Nichtakademiker

Die Gefahr, dass der Name „Arbeiterkind“ stigmatisiert wird, sieht sie nicht. „Der Begriff ist nur ein Synonym für Nichtakademiker“, meint sie und räumt ein, dass er im Norden besser funktioniert als im Süden Deutschlands.

Um ihrer Zielgruppe die Schwellenangst vor einem Studium zu nehmen, besuchen Espenlaub und ihre Mitstreiter Schulen von Hauptschule bis Gymnasium und erzählen dort ihre eigenen Geschichten. Denn sie alle stammen aus Nicht-Akademiker-Familien und kennen die Hürden, die zu nehmen sind, wenn man als erster aus der Familie eine Universität besuchen will. Espenlaub: „Da ist die Angst, dass man das nicht schaffen könnte oder der Druck, eigentlich Geld verdienen zu müssen und die Frage, wie man überhaupt ein Studium finanziert.“

Bewegen auf dem akademischen Parkett

Um die Finanzierung des Studiums drehen sich, wenn der Entschluss für eine akademische Laufbahn gefallen ist, die meisten Fragen. „Wir informieren über die verschiedenen Möglichkeiten wie BAföG oder Stipendien. Beim BAföG stellen wir immer wieder fest, dass viele fürchten, das Geld nicht zurückbezahlen zu können und nicht mit Schulden ins Berufsleben starten wollen“, sagt Espenlaub. Auch da versucht das Team den Studierwilligen Ängste zu nehmen.

Thematisiert wird bei den Gruppentreffen der Organisation auch häufig der Spagat zwischen der neuen akademischen Welt und der alten Welt der Kindheit und Jugend. „Für viele ist das akademische Parkett glatter Boden. Die Kommilitonen aus Akademikerfamilien haben oft mehr kulturellen Hintergrund, haben mit ihren Eltern Museen, Konzerte, das Schauspiel besucht. Da ist die Angst, nicht mithalten zu können groß“, sagt Espenlaub und erinnert sich daran, dass sie in ihrem Studium eine Liste klassischer Literatur zusammengestellt hat, die sie unbedingt lesen wollte, um sich keine Blöße zu geben.

Finanzierung ist gesichert für ein Jahr

„Eine Ratsuchende hat ein Vokabelheft mit den Fremdwörtern angelegt, deren Bedeutung ihr unklar war“, sagt sie. Espenlaub selbst hat ihr Studium in Theologie und Germanistik erfolgreich beendet. Dazu beigetragen habe, dass sie unterstützt wurde. Diese Unterstützung möchte sie weitergeben.

Gegründet wurde ArbeiterKind de. bereits 2008. Die Stuttgarter Gruppe gibt es seit rund acht Jahren. Die gemeinnützige Organisation finanziert sich über Spenden und Sponsoren. Der Jahresetat liegt bundesweit bei 1,6 Millionen Euro. Davon gehen 80 000 Euro nach Baden-Württemberg. Sichergestellt ist die Finanzierung noch für ein Jahr. „Wir hoffen, dass das Land in die Finanzierung mit einsteigt“, so Jaana Espenlaub.

Kontakt: stuttgart@Arbeiterkind.de.