Geschäfte in Neu-Ulm registrierten am Samstag gestiegenes Kundeninteresse. Foto: Rüdiger Bäßler

Die Befürchtungen des südwestdeutschen Einzelhandels scheinen wahr zu werden: Grenznahe Einkaufszentren im Freistaat berichten von Umsatzzuwächsen am Samstag.

Ulm/Stuttgart - Ungeimpfte Menschen aus Baden-Württemberg fahren offenbar in großer Zahl über die Landesgrenze nach Bayern zum Einkaufen. Das berichten übereinstimmend mehrere Einzelhändler aus dem Freistaat. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte vor wenigen Tagen die 2G-Regel für den Einzelhandel gekippt, weil Passagen in der entsprechenden Coronaverordnung missverständlich oder unklar waren. Der Präsident des baden-württembergischen Handelsverbands, Hermann Hutter, warnte noch am Sonntag vor einer schädlichen Wettbewerbsverzerrung. „Dieser Zustand ist nicht tragbar“, sagte er.

Erste Erfahrungen am vergangenen Samstag geben den Skeptikern im Südwesten recht. „Ja, es gab eine Belebung“, sagte am Montag Ekaterina Avdosyev, Centermanagerin des Einkaufszentrums „Forum Allgäu“ in Kempten, das im Durchschnitt von täglich rund 25 000 Kunden frequentiert wird. „Es rufen viele Leute aus Baden-Württemberg an und fragen: Können wir tatsächlich ohne Impfausweis zu Ihnen kommen?“ Gerade auch Familien mit ungeimpften Kindern aus den Landkreisen Biberach oder Ravensburg seien in den Geschäften registriert worden. „Man sieht es auch an den vielen verschiedenen Kennzeichen bei uns im Parkhaus“, so die Managerin. Ähnliche Beobachtungen meldeten auch Handelsbetriebe aus der Stadt Memmingen.

Die Landesregierung gibt sich ungerührt

Grotesk sei die Situation in Ulm, wo der Weg für Ungeimpfte in frei zugängliche Geschäfte nur wenige hundert Meter weit sei, sagt Handelsverbandschef Hutter. Und wirklich: Geschäfte und Filialbetriebe im Neu-Ulmer „Glacis-Center“ spürten am Samstag eine kräftige Umsatzbelebung, bestätigte der dortige Centermanager Torsten Keller. Zwar seien die Geschäfte nicht „überrannt“ worden, aber: „Der Samstag war besser als der Samstag zuvor.“ Ins Einkaufszentrum kommen täglich zwischen 20 000 und 40 000 Menschen. Rückmeldungen über Umsatzverschiebungen zulasten württembergischer Standorte gab es, wie aus der IHK Ulm verlautete, auch von Filialunternehmen, die beiderseits der Landesgrenze vertreten sind.

An eine rasche Angleichung der 2G-Regel ist innerhalb der Stuttgarter Landesregierung aktuell nicht gedacht. Man strebe vielmehr bundeseinheitliche Vorgaben zum Gesundheitsschutz an, sagte am Montag eine Sprecherin des Staatsministeriums mit Verweis auf die Ministerpräsidentenkonferenz. Auf einen Klageerfolg wie in Bayern können die württembergischen Handelsbetriebe jedenfalls nicht hoffen. Mit Beschluss vom 11. Januar lehnte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim bereits den Eilantrag eines Mannheimer Schuhgeschäftbetreibers gegen die 2G-Regelung ab. Die Formulierungen in der südwestdeutschen Coronaverordnung, so eine VGH-Sprecherin, seien klar und nachvollziehbar.