In diesen Graben stürzte der Oeffinger David Ungerer mit seinem Mountainbike. Zwei Stunden lag er dort, ehe ihm geholfen wurde. Als die Polizei und der Rettungswagen am Unfallort eintrafen, war das Fahrrad weg. Foto: Sebastian Steegmüller

Statt einem schwer verletzten Radfahrer zu helfen, haben Unbekannte sein E-Bike gestohlen.

Fellbach - Obwohl sich David Ungerer nicht mehr daran erinnert, was in der Nacht auf den 4. Juli passiert ist, wird er sie in seinem ganzen Leben wohl nicht mehr vergessen. Auf der Heimfahrt von einer Grillparty unterhalb des Kappelbergs stürzte der Oeffinger in den Weinbergen mit seinem E-Bike in einen Graben, verletzte sich schwer am Kopf. Warum er gegen 0.30 Uhr die Kontrolle über sein Fahrrad verlor, kann er im Nachhinein nicht mehr sagen. „Ich war alkoholisiert, aber keinesfalls betrunken. Vielleicht habe ich mich verbremst, vielleicht habe ich irgendwas auf dem Weg übersehen. Ich weiß nur noch, dass ich mich kurz vor dem Unfall umgedreht habe, das war’s.“ Wenig später wurde er bewusstlos, wachte das erste Mal kurz im Krankenwagen auf und war erst in der Notaufnahme wieder bei Sinnen.“

Eineinhalb Stunden im Graben

Rund eineinhalb Stunden lag der 34 Jahre alte Mann in der Nähe der Kreuzung „Spinne“, die rund 750 Meter von der Rommelshauser Straße entfernt ist, ehe ein Fußgänger ihn zufällig entdeckte und wenig später einen Notruf absetzte. „Der Passant hatte keinen Handyakku mehr und musste erst nach Hause laufen, um Hilfe zu holen.“ Richtig Fahrt nimmt die Geschichte aber erst auf, als Polizei und Feuerwehr gegen 2.20 Uhr an der Unfallstelle eintreffen. „Denn zu diesem Zeitpunkt war mein Mountainbike nicht mehr da.“ Aufgrund der Spuren ist davon auszugehen, dass es neben ihm im Graben lag. „Das würde auch erklären, warum Freunde, die von der Grillparty mit dem Auto heimgefahren sind, weder mich noch mein Rad gesehen haben. Wer jedoch mein E-Bike gestohlen hat, muss auch mich entdeckt haben.“ Und auch seine Verletzungen. Eine Gesichtshälfte von David Ungerer ist aufgeschürft, zwei Backenzähne sind abgebrochen. „Außerdem hatte ich eine zwölf Zentimeter lange und wirklich tiefe Platzwunde am Kopf, die sich von der Stirn über den Scheitel zog.“

Direkt in den Computertomografen

Sie wurde im Krankenhaus in Winnenden nicht nur genäht. Um eine mögliche Hirnblutung auszuschließen, ist der Verletzte auch noch in den Computertomografen gesteckt worden. „Zum Glück mit einem negativen Befund. Ich bin wirklich fassungslos, dass sich jemand das Rad schnappt und mich einfach liegenlässt. Wer macht so etwas? Wie abgestumpft sind die Leute eigentlich?“ Der Dieb habe die Schwere der Verletzungen nicht einschätzen können. „Es hätte auch um Leben und Tod gehen können. Das haben mir auch die behandelnden Ärzte bestätigt.“

Nie mehr ohne Helm

Der Oeffinger hatte jedoch Glück im Unglück. Mittlerweile geht es ihm, auch aufgrund von Schmerzmitteln, soweit wieder gut. „Ich habe noch einen leichten Tinnitus.“ Dass er in der besagten Nacht ohne Helm unterwegs war, bereut Ungerer. „Ich schimpfe mit meiner Frau jedes Mal, wenn sie darauf verzichtet, auch auf kurzen Strecken. Aber ich habe mir an dem Abend einfach ein Baseballcap geschnappt und bin los. In Zukunft werde ich garantiert nicht mehr ohne fahren.“ Vielleicht ja auch bald wieder mit seinem alten E-Bike. „Ich hoffe, das Rad taucht irgendwo wieder auf. Im März 2019 hat es immerhin 4000 Euro gekostet.“

Die Polizei ermittelt nicht nur wegen des Diebstahls, sondern auch wegen unterlassener Hilfeleistung. Für dieses Delikt droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Hinweise nimmt das Polizeirevier Fellbach unter der Telefonnummer 0711/57720 entgegen.