Mit dem Taxi erhalten häusliche Patienten einen festen Ansprechpartner. Foto: Philipp Rothe

Das Heidelberger Uniklinikum betreut manche Covid-19-Patienten in häuslicher Quarantäne. Das entlastet die Kliniken und gibt den Kranken Sicherheit.

Heidelberg - Etwa 250 Menschen lagen in der vergangenen Woche schwer an Covid-19 erkrankt im Klinikum der Universität Heidelberg, in anderen Krankenhäusern der Stadt und des Rhein-Neckar-Kreises. Einem Teil der Patienten in der Region ist aber – trotz schwerer Symptome – eine Einweisung in eine Klinik erspart geblieben. Möglich gemacht hat dies das „Corona-Taxi“. Mit dem kommen neuerdings Pflegekräfte des Uniklinikums auf Hausbesuch. Vorschriftsmäßig in Schutzkleidung überwachen sie, unterstützt von Ärzten des Klinikums im Hintergrund, den Verlauf der Krankheit vor Ort und stehen als Ansprechpartner zur Verfügung.

„Das ist eine tolle Sache“, sagt eine der Patientinnen, die in den vergangenen Wochen von den Mitarbeitern des Taxis betreut wurde. „Ich hatte die ganze Zeit sehr schwere Symptome; dank des Taxis konnte ich trotzdem zuhause bleiben. Ich wusste, ich bin gut überwacht: das war ein beruhigendes Gefühl“, betont die 38-jährige Bürokauffrau und Mutter zweier Kinder aus dem Rhein-Neckar-Kreis.

In der ersten Phase wurden 1300 Patienten betreut

Schon kurz nach Beginn der ersten Corona-Welle im März hatte das Heidelberger Uniklinikum das Projekt initiiert und zusammen mit dem Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises umgesetzt. Das Amt finanziert den Fahrer und das „Taxi“. Das Klinikum übernimmt Kosten und Verantwortung für die medizinische Betreuung durch Pflegekräfte und Ärzte und hat ein eigenes Callcenter für die Patienten eingerichtet. In der ersten Phase zwischen März und Juni waren für die Hausbesuche sogar mehrere Taxis, besetzt mit zwei Pflegekräften und einem Medizinstudierenden, im Einsatz, um Blutdruck, Sauerstoffsättigung des Blutes oder Fieber zu messen und auch um weitergehende Untersuchungen durchzuführen. Insgesamt etwa 1300 Betroffene wurden damals betreut. Das Interesse der Medien war enorm: Selbst die New York Times berichtete über das Heidelberger „Corona-Taxi“, ehe das Projekt angesichts der im Sommer stark sinkenden Zahl von Infizierten wieder eingestellt wurde.

Die 38-Jährige aus dem Rhein-Neckar-Kreis war eine der ersten Patientinnen, die seit dem erneuten Start des Taxis im Oktober betreut worden ist. Ihre Hausärztin hatte es rundweg abgelehnt, sich um sie zu kümmern, nachdem sie Ende September ihren Positiv-Befund erhalten hatte und sich, wenig später, die ersten schweren Symptome einstellten. „Als Patient wird man ja auch viele Monate nach Beginn der Pandemie in der Akutphase noch allein gelassen, Hausärzte wie meine schieben da vieles einfach weg“, bemängelt die 38-Jährige.

Nachahmer haben sich bisher noch nicht gemeldet

Ihren Kontakt zum Corona-Taxi hat das Gesundheitsamt hergestellt. Über diese Möglichkeit informiert man dort inzwischen alle, wenn sie ein positives Testergebnis bekommen. Im Gegensatz zur Startphase ist das Taxi nur noch mit einer Schwester besetzt. Blutdruck, Sauerstoffsättigung und Temperatur messen die Patienten inzwischen meist selbst und melden die Daten zusammen mit ihren Symptomen dreimal täglich per App an die Ärzte, die diese auf einem Monitor verfolgen können. Das Taxi kommt aber noch immer einmal – bei Bedarf auch mehrmals – in der Woche vorbei. Eine zweite Schwester hält telefonisch Kontakt zu den Betroffenen. „So sind sie gut überwacht, wir erkennen früh, wenn sich ihr Zustand verschlechtert und sie haben einen Ansprechpartner“, erklärt Uta Merle, die verantwortliche ärztliche Direktorin. „Das ist auch psychisch eine große Entlastung“, ergänzt Inga Unger, die Pflegedienstleiterin.

Etwa zehn bis 15 Prozent der Kranken müssen nach bisherigen Erfahrungen trotz des Corona-Taxis stationär aufgenommen werden. Insgesamt aber, davon ist man in Heidelberg überzeugt, hilft die Arbeit des Teams, Klinikaufenthalte und Besuche der Notaufnahme zu vermeiden. „Die Patienten fühlen sich sicherer und hängen nicht in der Luft – das ist uns die Sache wert“, fasst Edgar Reisch, der Pflegedirektor des Uniklinikums, zusammen. „Das Projekt ist ein gutes und innovatives Beispiel für eine Zusammenarbeit des öffentlichen Gesundheitswesens mit den Krankenhäusern zum Wohle der Patienten“, sagt auch Silke Hartmann, die Pressesprecherin des Kreises. Nachahmer, die in ihrer eigenen Region ein solches Taxi finanzieren wollen, haben sich bisher allerdings noch nicht gemeldet.