Der Job von Australier Bill Edgar ist nichts für schwache Nerven. Er hält Grabreden der ungewöhnlichen Sorte. Foto: privat

In Australien hat sich ein Mann einen eher ungewöhnlichen Job gesucht. Er spricht bei Beerdigungen im Namen der Toten. Oftmals sind es Botschaften, die die Verstorbenen zu ihren Lebzeiten nicht aussprechen wollten – und die sind nicht immer nett.

Der Australier Bill Edgar hat einen eher ungewöhnlichen, für viele wohl sogar geschmacklosen Beruf: Er lässt sich für das „Gatecrashen“ von Beerdigungen bezahlen. Sprich: Der Verstorbene hat ihn noch vor dem Tod dafür bezahlt, bei der Trauerfeier einige Botschaften für ihn zu überbringen – quasi aus dem Jenseits.

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Über seine eher ungewöhnlichen Arbeitstage hat Edgar, der im Osten Australiens im Bundesstaat Queensland lebt, jetzt in einem Podcast für das australische Nachrichtenmedium News.com.au erzählt. Im vergangenen Jahr hat er auch ein Buch über seine außergewöhnliche Arbeit veröffentlicht und sich dabei selbst den Titel „Coffin Confessor“ verliehen – was man auf Deutsch als „Sargbeichtvater“ übersetzen könnte.

So berichtete Edgar von einer Trauerfeier, während derer er aufgestanden ist und dem besten Freund des Verstorbenen sagte, er solle sich setzen, die Klappe halten oder abhauen. „Der Mann im Sarg hat etwas zu sagen“, so die Worte Edgars. Weiter griff er den Freund im Namen des Verstorbenen mit den Worten an: „Du warst nicht mein bester Kumpel, du hast versucht, etwas mit meiner Frau anzufangen, während ich auf meinem Sterbebett lag, also verpiss dich.“ Auch hatte er eine Botschaft für die Verwandten: „Und wenn mein Bruder, seine Frau und ihre Tochter bei meiner Trauerfeier sind, kannst du ihnen sagen, dass sie sich auch verpissen sollen, weil ich sie seit 30 Jahren nicht gesehen habe, also warum erweisen sie mir jetzt Respekt, wenn sie mich hätten sehen können, als ich noch lebte?“

Billig sind die Dienste des Australiers nicht

Damit Edgar solche Botschaften überbringt, müssen die Menschen auf dem Sterbebett tief in die Tasche greifen. Sein Auftritt auf einer Beerdigung kann bis zu 10 000 Australische Dollar, umgerechnet rund 6700 Euro kosten. Doch vielen ist es dies wert, wie Edgar dem australischen Sender ABC vor zwei Jahren versicherte. „Sie wollen eine Stimme haben, und ich leihe ihnen meine Stimme“, sagte der Australier. Edgar, der eigentlich von Haus aus Privatdetektiv ist, bekam die Idee, als er einst für einen todkranken Mann tätig war. „Wir kamen auf das Thema Sterben und Tod, und er sagte, er würde gerne so etwas tun“, erinnerte sich Edgar. Er selbst habe daraufhin geantwortet: „Nun, ich könnte Ihre Beerdigung für Sie crashen.“ Ein paar Wochen später rief der Mann erneut an und nahm das Angebot an. Der Beginn einer neuen Geschäftsidee.

Bis 2020 hatte Edgar in fast zwei Jahren im Geschäft 22 Beerdigungen „gecrasht“ und die streng gehüteten Geheimnisse seiner Kunden preisgegeben. Doch die Pandemie ließ die Nachfrage empfindlich einbrechen. Also hat Edgar sein Angebot erweitert: Beispielsweise geht er auch zum Haus der Toten, um Gegenstände zu entfernen, die die Familie oder Freunde nicht sehen sollen. So war einer seiner letzten Jobs, einen Sexkerker aufzuräumen. Häufiger kommt es hingegen vor, streitenden Nachkommen die Nachricht zu überbringen, dass ihnen nichts im Testament hinterlassen wird.

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Das Geschäft läuft sehr gut

Edgars ungewöhnlicher Job hat inzwischen international Aufmerksamkeit erregt. Sein Buch soll verfilmt werden, er selbst erhält inzwischen sogar Buchungen aus dem Ausland. So jettete er schon in die USA oder nach Großbritannien, um Botschaften der Verstorbenen zu überbringen. Der ABC erklärte er, warum er diesen nicht ganz einfachen Job machen kann. Es sei seine Arroganz, meinte Edgar, und verwies auf einen Fall, wo er den Priester tatsächlich bitten musste, sich zu setzen und ruhig zu sein, weil sein Mandant keinen Gottesdienst wollte. „Er war ziemlich beleidigt, aber gleichzeitig hat er es auch verstanden.“

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Edgar sichert sich bei seiner Arbeit rechtlich ab, indem er den Auftrag und die Wünsche seines Mandanten aufzeichnet und sich den Auftrag unterschreiben lässt. Letztendlich würden aber viele der Enthüllungen doch besser aufgenommen, als man vielleicht auf den ersten Blick denken würde. Nur ab und zu hinterlasse er die Trauernden am Grab „bestürzt und enttäuscht“, meinte er. „Die meisten Menschen sind eher glücklich, weil sie noch mal von der tatsächlichen Person gehört haben, die sie lieben.“

Auch eine andere Australierin „arbeitet“ auf dem Friedhof

Edgar ist nicht der einzige Australier mit einem ungewöhnlichen Job auf dem Friedhof. 2021 berichtete die ABC über einen Teenager, der Gräber putzt. Die damals zwölfjährige Tj Kleeman fing mit der ebenfalls eher ungewöhnlichen Beschäftigung an, um ihre Angst vor dem Friedhof und möglichen Geistern abzubauen. Zum ersten Mal putzte sie als Vierjährige Gräber. Seitdem komme sie zwei- bis dreimal pro Woche zum Saubermachen, sagte das Mädchen dem australischen Sender. „Zuerst entferne ich alle Blätter, und dann nehme ich meinen Topfreiniger und bürste sie.“ Für ihre Freiwilligenarbeit ist Kleeman inzwischen sogar von der Gemeinde ausgezeichnet worden.

Bestattungen im Wandel  

Kirche
Die Anzahl der kirchlich begleiteten Bestattungen ist in Deutschland seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2019 war laut der Statistik-Plattform Statista der vorläufige Tiefstand erreicht. 2019 wurden insgesamt 489 275 Beerdigungen von der katholischen und der evangelischen Kirche begleitet.

Wandel
Immer weniger Beisetzungen finden in Deutschland nach einem kirchlichen Ritual statt. Das Bestattungswesen wandelt sich. Religiöse Bräuche und Traditionen verlieren an Bedeutung, und Beerdigungsarten wie die Feuerbestattung oder sogenannte Baumgräber werden immer beliebter.