Abendstimmung in Doñana. Foto: imago images/Ramón Navarro

Der größte spanische Nationalpark Doñana trocknet aus. Es regnet zu wenig – und rund 1000 illegale Brunnen für den Erdbeeranbau verschärfen den Mangel.

Der WWF (World Wildlife Fund) nennt den Nationalpark Doñana im Süden Spaniens „eines der größten Naturwunder der Welt“. Das ist allemal richtig. Aber: Dem Wunder geht gerade massiv das Wasser aus. Mehr als die Hälfte der 267 Lagunen liegt seit zehn Jahren trocken. Selbst die größte Lagune des Parks, Santa Olalla, hatte im vergangenen Sommer kein Wasser mehr.

Die Fauna leidet: die Fische, Amphibien, Insekten und Zugvögel, die in Doñana ihr Paradies gefunden hatten. Auch die Vegetation verändert sich, die wasserliebenden Pflanzen verschwinden allmählich. „Die Lage ist schlimmer, als sie es je zuvor war“, sagt der Biologe Miguel Delibes in einem Radiointerview.

Die Bauern bedienen sich am Wasser

Der wesentliche Schwachpunkt ist das Grundwasserreservoir unter dem Park. Eloy Revilla, der Direktor der Estación Biológica de Doñana, beschrieb die Ursache des Desasters Anfang der Woche mit einfachen Worten: „Es wird mehr Wasser entnommen, als sich jährlich durch Niederschläge nachfüllt.“ Einerseits regnet es zu wenig: nun schon im elften Jahr in Folge weniger als im früheren Zehnjahresdurchschnitt. Andererseits bedienen sich einige Bauern aus dem Umland am Wasser, als gäbe es zu viel davon. Und der Park stirbt vor den Augen aller Beteiligten.

Word es wieder Wasser geben?

Die Politiker der Gegend, jedenfalls die meisten von ihnen, bekümmern sich vor allem um die Sorgen der Bauern, denn die sind ihre Wähler und protestieren und reden auf sie ein. Also hat die rechte Mehrheit im andalusischen Regionalparlament unter der Woche im Eilverfahren ein Gesetz auf den Weg gebracht, das vor allem denen, die derzeit illegal Wasser aus dem Boden zapfen, Hoffnung machen will: Eines Tages, wenn es wieder genügend Wasser gibt, sollen auch sie ihr Land bebauen dürfen wie die anderen Bauern ringsum.

Politiker in Not

Solche Hoffnungen ruhen auf einem geplanten Stausee und einer geplanten Überlandleitung. Wann und ob die fertig werden – und ob sie die Wassernot lindern können –, ist ganz ungewiss. Selbst die eher konservative Zeitung „El Mundo“ lästerte: Mit dem Gesetz hätte es keine Eile gehabt; nur die Politiker seien in Not, um bis zu den Regional- und Kommunalwahlen Ende Mai ihren potenziellen Wählern zu gefallen.

Die Gegend rund um Doñana ist ideal für den Anbau von Erdbeeren und Heidelbeeren. Das entdeckten findige Landwirte in den 1990er Jahren; heute kommen von hier 97 Prozent der spanischen Gesamtproduktion der roten Früchte. Der Boden ist gut, die Sonne scheint fast immer, und es ist warm. Hier lassen sich schon im November Erdbeeren ernten und in den Rest Europas exportieren, vor allem nach Deutschland, wo die Erdbeeren erst im Frühjahr sprießen.

Illegale Brunnen für den Beerenanbau

Das Problem in der Anbauprovinz Huelva ist das Wasser, was alle schon lange wissen. 2014 verbot die damalige linke Regionalregierung einen weiteren Ausbau der Anbaufläche. Aber sie versagte bei der Durchsetzung des Verbots. Der WWF, der bei der Erklärung Doñanas zum Nationalpark 1969 eine wesentliche Rolle spielte, schätzt die Zahl der illegal gebohrten Brunnen für den Beerenanbau auf rund 1000. Sie zu versiegeln ist eine Arbeit gegen viele Widerstände – und mitunter machen sich die Widerständler gewaltsam bemerkbar. Aber die Bauern möchte am Ende wirklich niemand zum Feind haben. Wobei sie wiederum eigentlich dieselben Interessen haben sollten wie die Naturschützer. Geht es weiter wie bisher, „setzt man die gesamte wirtschaftliche Aktivität aufs Spiel, die vom Grundwasserreservoir abhängt“, sagt Eloy Revilla von der Estación Biológica de Doñana. „Das Problem ist nicht die Landwirtschaft, das Problem ist das Produktionsmodell.“

Das Modell der Fischerei

Das ähnelt dem der industriellen Fischerei, die mehr Tiere fängt als nachwachsen. Der Anbau muss eingeschränkt werden, solange kein Wasser aus anderen Quellen zur Verfügung steht (zum Beispiel aus der Meerwasserentsalzung, was teuer wäre) oder solange es keine besseren, wassersparenden Anbautechniken gibt. Alle Lösungen sind unbequem, weswegen weniger über sie gesprochen wird als nottäte.

Doñana ist schon einmal gerettet worden, 1969, als es zum Nationalpark erklärt wurde. Damals, zu Franco-Zeiten, sollte das Feuchtgebiet bewusst trockengelegt werden, um dort Landwirtschaft betreiben zu können, und auch eine Autobahn die Küste entlang war geplant. In ganz Europa gaben wohlhabende Naturfreunde Geld, um Land aufzukaufen und die Errichtung des Nationalparks zu ermöglichen.

Jetzt trocknet er doch noch aus, zum Entsetzen seiner Freunde. Manche glauben nicht mehr an ein gutes Ende für ihn. Der Biologe Miguel Delibes verfolgt den Kampf um den Nationalpark seit fünfzig Jahren. „Diese Schlacht wird Doñana noch gewinnen“, sagt er, auf das neueste Anbauflächengesetz anspielend. „Aber ich habe den schmerzlichen Eindruck, dass der Park dabei ist, den Krieg zu verlieren.“