Sei dem Sommer durfte Artemisia annua anamed als Rohstoff verkauft werden – das Amt behauptet, Anamed habe gegen einen entsprechenden Vergleich verstoßen. Foto: Gottfried Stoppel

Der Zwist zwischen dem Landratsamt und dem Pharmazeuten Hans-Martin Hirt schien im Sommer beigelegt. Nun lässt ein Schreiben aus der Behörde den erbitterten Zwist wieder aufflammen.

Nach dem Paukenschlag im vergangenen August hätte man meinen können, sei der Streit um die Heilpflanze Artemisia annua anamed beigelegt. Damals hatten sich das Landratsamt und Hans-Martin Hirt, Pharmazeut und Vorsitzender des Vereins Anamed International, darauf geeinigt, dass Letzterer die Ware nicht als Lebensmittel in den Verkehr bringen darf, sondern nur als Arzneirohstoff. Einem entsprechenden Vergleich stimmten vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart beide Seiten zu.

Offensichtlich geht der Streit nun trotzdem in eine weitere Runde: Am 27. Februar hat das Veterinäramt des Rems-Murr-Kreises Hirts Firma Anamed Edition geschrieben und 30 000 Euro Strafe angekündigt. Eine neues Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Karlsruhe stufe das Artemisia als Lebensmittel ein. Dass Anamed sein Artemisia der Winnender Firma Teemana zur Verfügung stelle, verstoße gegen den Vergleich – und das, obwohl die Firma auf ihrer Webseite vermerkt: „Artemisa annua anamed (A-3) wird ausdrücklich als Rohstoff deklariert in Verkehr gebracht.“

Stein des Anstoßes ist wohl vor allem, wie das Artemisia über diesen Hinweis hinaus beworben und verkauft wird. Die Gutachter vom CVUA Karlsruhe führen beispielsweise aus, dass auf dem Etikett kein konkreter Verwendungszweck genannt werde. Stattdessen werde auf der Webseite unter anderem mit der Bioqualität und der Produktion geworben. „Diese Informationen sind nur relevant, wenn vorgesehen ist, das vorliegende Kraut als Lebensmittel zu verzehren.“

Anwalt: „Eine abgründige Missachtung des Gerichts“

Hirts Anwalt Eisenhart von Loeper spricht nun seinerseits von einer „abgründigen Missachtung des Gerichts, rechtsstaatlicher Verfahren und der gesicherten Rechte der Mandanten“. Der vor dem Verwaltungsgericht geschlossene Vergleich beinhalte nämlich auch, dass das Artemisia künftig als Pflanzenrohstoff eingeschätzt werde. „Meine Mandantin hat strikt alle im Vergleich enthaltenen Vorgaben beachtet“, schreibt von Loeper. Er wirft dem Landratsamt vor, mit dem Hinweis auf die Bio-Qualität des Artemisias ein „Haar in der Suppe“ finden zu wollen, um die „eigentlich einvernehmlich entschiedene Schlacht doch noch zu gewinnen“. „Die Qualität von Pflanzen ist für Kunden, die allein über ihre Verwendung entscheiden, wichtig.“ Anamed und Teemana würden auch nicht mit einer Arzneimittelwirkung von Artemisia werben, obwohl die Konkurrenz andernorts dies offenbar dürfe.

Eine Sprecherin des Waiblinger Landratsamtes erklärt, die erneute Überprüfung von Artemisia sei zustande gekommen, weil der Händler Teemana seinen Sitz vorübergehend zwischenzeitlich nach Sindelfingen verlegt hatte. Das dortige Landratsamt habe eine Probe an das CVUA geschickt – mit dem Umzug von Teemana nach Winnenden sei nun das Waiblinger Landratsamt wieder zuständig. Die Erwiderung von Hirt und seinem Anwalt würde nun formal und inhaltlich geprüft“. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir momentan zum aktuellen Stand des laufenden Verfahrens keine Aussage treffen können“, so die Sprecherin weiter.