Die Suche nach einer Wohnung ist für die meisten Stuttgarter ein Grund zur Unzufriedenheit. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Vor einem Jahr hat die Europäische Union eine Zufriedenheitsumfrage in deutschen Großstädten durchgeführt. Stuttgart schneidet dabei in den meisten Bereichen gut ab. Ein Problem freilich brennt den Bürgern hier aber besonders unter den Nägeln.

Stuttgart - Wie zufrieden sind die Stuttgarter mit der Lebensqualität in ihrer Stadt im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten? Dieser Frage ist die Abteilung Regionalpolitik und Stadtentwicklung der Europäischen Kommission nachgegangen. Teil genommen haben an der Umfrage neben der Landeshauptstadt die Städte Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Köln und Nürnberg. Das Ergebnis, das jetzt im aktuellen Monatsheft des statistischen Amts der Stadt publiziert wurde, zeigt: Es gibt noch Verbesserungsbedarf, auch wenn die Bürger insgesamt ihrer Stadt überwiegend ein gutes Zeugnis ausstellen. Das Ranking ist allerdings mittlerweile von der Coronaaktualität eingeholt worden: Die Befragung fand gut ein Jahr vor Beginn der Coronapandemie statt – im Dezember 2018 und Januar 2019.

Um gleich mit dem Positiven zu beginnen: Bei Sportanlagen belegt die Landeshauptstadt den Spitzenrang. 75 Prozent der Befragten äußerten sich eher zufrieden oder sehr zufrieden mit dem entsprechenden Angebot in Stuttgart, nur 15 Prozent waren weniger oder gar nicht zufrieden. Damit liegt Stuttgart knapp vor Düsseldorf und Nürnberg mit jeweils 73 Prozent Zufriedenen.

In Zeiten der Coronapandemie ist natürlich die Frage von besonderem Belang, wie zufrieden die Bürger mit der Gesundheitsversorgung in ihrer Stadt sind. Am zufriedensten sind die Bürger der Erhebung zufolge in Nürnberg (91 Prozent), Stuttgart belegt hier knapp dahinter mit 90 Prozent Rang 2, gefolgt von Düsseldorf mit 89 Prozent. Die Umfrage fand allerdings wie gesagt ein Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie statt.

Hauptproblem für viele Stuttgart ist das knappe und teure Wohnungsangebot in Stuttgart

Beim Kulturangebot schneidet die Kulturhauptstadt Stuttgartmit 91 Prozent Zufriedenheit recht gut ab, muss den Spitzenplatz aber der Elbmetropole Dresden (93 Prozent) überlassen. Gleiches gilt für das Angebot im öffentlichen Nahverkehr (78 Prozent), wobei hier neben Dresden (89 Prozent) auch Frankfurt mit 80 Prozent Angebotszufriedenheit noch vor Stuttgart liegen.

Das Hauptproblem in allen Großstädten ist eindeutig die Wohnungsnot: Auf die Frage, ob es leicht sei, in Stuttgart eine gute Wohnung zu einem vernünftigen Preis zu finden, antworten 61 Prozent mit einem glasklaren Nein, 31 Prozent stimmen eher nicht zu, und nur 5 Prozent sehen in dieser Frage kein Problem. Die Unzufriedenheit in Stuttgart mit dem Wohnungsangebot ist damit größer als in allen anderen an der Befragung teilnehmenden Großstädten.

Beim Thema Sicherheit, nach den Krawallen in Stuttgart von Mitte Juni von besonderem Interesse, dürfte das Ergebnis angesichts des Umfragezeitraums sicher nur noch bedingt repräsentativ sein: Vor mehr als einem Jahr zeigte sich noch ein Großteil der Stuttgarter Bevölkerung (61 Prozent) mit der Sicherheit in der City bei Nacht durchaus zufrieden, 12 Prozent fühlten sich unsicher, 24 Prozent eher unsicher. Auch das Vertrauen in die Mitmenschen war bei den Stuttgarter durchaus ausgeprägt: 82 Prozent gaben an, man könne den Menschen in Stuttgart im Allgemeinen trauen; nur 15 Prozent zeigten sich eher misstrauisch.

Die Mehrheit der Stuttgarter bejaht Erfolge bei der Integration von Ausländern

Die Frage, ob die in Stuttgart lebenden Ausländer gut integriert seien, bejahten 64 Prozent der Befragten, 29 Prozent zeigten sich skeptisch. Damit schneidet Stuttgart bei diesen Themen zum Zeitpunkt der Umfrage besser ab als alle anderen Vergleichsstädte. In Dresden, wo das Zufriedenheitsgefühl der Bürger über alle Themenbereiche hinweg am höchsten ist, fühlten sich demnach 50 Prozent der Befragten nachts unsicher in der Stadt, 42 Prozent waren der Ansicht, die Integration von Ausländern sei eher misslungen. Zur Einordnung; In Dresden betrug der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung 2019 8,4 Prozent, in Stuttgart 25,7 Prozent. Der Anteil der Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, lag 2019 in Stuttgart bei 45, in Dresden bei 12,7 Prozent.

Weniger überraschend ist, dass in der vergleichsweise reichen baden-württembergischen Landeshauptstadt das Thema Armut im Bewusstsein der Befragten im Vergleich zu den anderen Städten eine eher untergeordnete Rolle spielt. So stimmten der Aussage „Armut ist in Stuttgart ein Problem“ zwar 49 Prozent zu, 46 Prozent sahen darin aber kaum ein oder überhaupt kein Problem. Für die Studie wurden in den genannten Städten jeweils entsprechend der Einwohnerzahl ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung befragt. In Stuttgart nahmen 801 Bürger teil, in Nürnberg 800, in Köln 1000 und in Dresden 500. In zwei Jahren bei der nächsten Stichprobe dürften sich die Werte aufgrund der Erfahrungen mit dem Coronavirus wohl deutlich verändern.