Am Sonntag hat Frankreich gewählt. Hier im Bild stehen in Stuttgart lebende Franzosen vor dem Wahllokal an. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Sonntag ist Emmanuel Macron zum französischen Staatspräsidenten wiedergewählt worden. Was sagen Stuttgarter zum Ausgang der Wahl im Nachbarland?

Frankreich hat gewählt: Mit knapp 59 Prozent der Stimmen ist der Liberale Emmanuel Macron im Amt des Staatspräsidenten bestätigt worden. Die Wahl hat in Deutschland auch deshalb viel Aufsehen erregt, da die Niederlage der rechtsnationalen EU-Kritikerin Marine Le Pen diesmal keineswegs gewiss schien. Was halten die Stuttgarter von der Wahl? Wir haben nachgefragt.

„Ich bin froh, dass Macron gewonnen hat“, sagt Alexander Wild (40) aus Stuttgart-Mitte. „Ich denke, dass es eine schwierige Zeit ist für Wahlen. Er vertritt wahrscheinlich nicht die Meinung der Mehrheit der Leute. Vermutlich ist es doch eher auch eine Protestwahl.“ Er sei erleichtert, sagt Wild, dass der Rechtsruck in Frankreich ausgeblieben sei. Den Grund für den Stimmenverlust Macrons im Vergleich zur Wahl im Jahr 2017 sieht er vor allem in dessen Haltung gegenüber der ländlichen Bevölkerung und der Arbeiterklasse Frankreichs. „Er ist sehr auf Paris bezogen und hat auch etwas Elitäres“, findet Wild. Die Lehre, die der französische Präsident für seine zweite Amtszeit aus der Wahl ziehen solle, sei dementsprechend, „diesen Menschen auch zuzuhören und sie zusammenzubringen“, so Wild.

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Auch Magdalena Grundler ist erleichtert über Macrons Wiederwahl. „Le Pen hat schon die eine oder andere heftige Schlagzeile gemacht“, so die 24-Jährige. „Sie wäre für mich keine Kandidatin gewesen, die man guten Gewissens hätte wählen können.“ Grundler, die in Biberach an der Riß lebt und zurzeit ihren Freund in Stuttgart besucht, vermutet, dass Macrons Umgang mit der Ukraine-Krise ihm zuletzt die entscheidenden Stimmen gesichert hat. Umay Kaplan (36) aus dem Stuttgarter Süden stimmt ihr zu: „Auch wenn es nicht von Erfolg gekrönt war, hat er sich sehr stark bemüht.“

Welche Lehre sollte Macron aus dem Ergebnis ziehen? „Er sollte vielleicht Ansätze finden, um auch jüngere Menschen mehr zu motivieren“, so Kaplan. „Dass sie sich beteiligen und die Demokratie unterstützen, anstatt durch Nichtwählen die Rechtspopulisten zu stärken.“ Mit 63 Prozent lag die Wahlbeteiligung in diesem Jahr niedriger als 2017. Analysten haben darin meist einen Vorteil für Le Pen gesehen.

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„Es wäre für die EU kritisch gewesen, wenn Le Pen drangekommen wäre“, sagt Harald Friedrich. Er und seine Ehefrau Brigitte Teichert spazieren über den Stuttgarter Schlossplatz. „Sowohl die Links- als auch die Rechtsaußen sind doch ziemlich stark in Frankreich. Leider.“ Brigitte Teichert ergänzt: „Es hat sicher mit Unzufriedenheit zu tun. Frankreich ist sehr auf Paris konzentriert. Wenn die Probleme der Orte drumherum nicht gelöst werden, wenden die sich eben anderen Parteien zu.“ Die Gesellschaft einen – das ist Macrons eigener Vorsatz für seine zweite Amtszeit. Ob es gelingen kann? „Also ich möchte in der heutigen Zeit nicht Politiker sein“, sagt Brigitte Teichert.