Unterstützer der Ukraine haben am Samstag in Stuttgart für schnellere Waffenlieferungen protestiert. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Samstag erinnerten mehrere hundert Menschen in Stuttgart an die unverminderte Not in der Ukraine. Lautstark dankten sie für die Hilfe.

Eine riesige Ukraine-Flagge schwebt, getragen von dutzenden Menschen, durch die Eberhardstraße in Stuttgart. Mehrere hundert Ukrainer und Unterstützer anderer Nationalitäten haben sich am Samstagnachmittag auf dem Wilhelmsplatz zusammengefunden, um gemeinsam durch die Stadt zum Großen Haus zu ziehen.

Neben Sprechchören wie „Stop the War“ erklingt auch immer wieder ein vielstimmiges „Danke Deutschland“. „Der inhaltliche Schwerpunkt der heutigen Veranstaltung soll sein, dass wir danke sagen, für den Rückhalt, den wir hier erfahren und für die politische Unterstützung“, sagt Denis Zipa vom Organisationskomitee Support Ukraine. Leider werde der Krieg langsam zu einem Stück Normalität. Die Sachspenden etwa gingen spürbar zurück, dabei sei die Kriegssituation unverändert.

Fest der Liebe in Zeiten des Krieges

Tetiana Ernst, die in einer traditionellen ukrainischen Tracht erschienen ist, um im Zuge der Kundgebung am Eckensee an das Ivana-Kupala-Fest, ein in der Folklore der Ukraine verwurzeltes Fest der Liebe und der Vereinigung der Elemente, zu erinnern, das am 7. Juli gefeiert wird, hat ihre Heimat gemeinsam mit ihrem deutschen Ehemann bereits 2014 verlassen – nach der Annexion der Krim. In ihren Augen herrscht seit damals Kriegszustand.

Es sei ein Schock für sie gewesen, wie tatenlos die Welt zugesehen habe. Dass es im aktuellen Konflikt nicht mehr möglich ist, sich auf den Standpunkt der Neutralität zurückzuziehen, darauf verweist Oleksandr Stetsyuk, Konsul des ukrainischen Generalkonsulats in München in seiner Rede. Es sei Zeit, dass die Zaudernden ihre Entscheidungen träfen, fordert er. Man sei nach wie vor dankbar für jede Hilfe. Gleichzeitig sei es zunehmend unverständlicher, wenn die Angst vor steigenden Preisen oder geschäftlichen Einbußen notwendige Schritte verhindere.

Michael Joukov, Landtagsabgeordneter der Grünen sieht das ähnlich, wirbt aber auch um Verständnis dafür, dass demokratische Entscheidungsprozesse manchmal ihre Zeit brauchten, gerade wenn es um Kurswechsel gehe. Joukov ist Kind einer ukrainischen Mutter und eines russischen Vaters. Er habe sich nie vorstellen können, dass es Krieg zwischen den Brudervölkern geben würde. Dabei hätte man die Eskalation ab 2014 kommen sehen müssen.

Joukov deutet an, dass auch weitere Waffenlieferungen an die Ukraine vorbereitet würden. Landtagsabgeordneter Albrecht Schütte von der CDU unterstreicht die Notwendigkeit, klar Position zu beziehen: „Wenn ein Großer einen Kleinen angreift und man nichts unternimmt, unterstützt man den Großen“, gibt er zu bedenken und warnt davor, auf eine Kapitulation der Ukraine zu setzen. Die Geschichte lehre, dass der Appetit von Diktatoren nach dem ersten Erfolg nicht befriedigt sei.

Bei aller Dankbarkeit, die immer wieder unüberhörbar postuliert wird, bleibt auch Kritik nicht aus. Ein Plakat zeigt eine Schnecke, auf deren Häuschen eine Patrone befestigt ist. Text: „Scholz liefert Waffen an die Ukraine“. „Wir sind wirklich froh, dass Deutschland die Ukraine nun auch mit militärischer Ausrüstung unterstützt“, sagt eine Demonstrantin. „Ein kleines bisschen schneller hätte es aber gerne gehen dürfen.“