Die neue deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht muss sich bei ihrem ersten Nato-Treffen gleich um die schwierige Lösung der Ukraine-Krise kümmern. Foto: AFP/KENZO TRIBOUILLARD

Trotz der Ankündigungen aus Moskau scheint der Militäraufmarsch an der Grenze zur Ukraine weiterzugehen. Die Nato berät in Brüssel über das weitere Vorgehen.

Brüssel - Jens Stoltenberg formuliert wie immer sehr vorsichtig. Der Nato-Generalsekretär weiß, dass er in dieser Krisensituation jedes Wort auf die Goldwaage legen muss und auch verbal eine weitere Eskalation vermeiden sollte. Dennoch ist seine Aussage sehr klar: „Bislang haben wir vor Ort keine Deeskalation gesehen. Im Gegenteil: Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen“, sagt Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel am Rande eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister.

Das steht im krassen Gegensatz zu den Mitteilungen aus Moskau. Von dort kam am Dienstag die überraschende Nachricht, dass Teile der Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen würden. Nach Angaben der USA hat Russland dort mittlerweile mehr 150 000 Soldaten zusammengezogen.

Zweifel am Abzug der Truppen

Auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht dämpfte die Hoffnungen auf den Abmarsch russischer Truppen. „Es gibt Signale, die uns zumindest hoffnungsvoll stimmen lassen. Aber es ist wichtig, genau zu beobachten, ob diesen Worten auch Taten folgen“, sagte sie bei ihrem ersten Nato-Gipfel. Stoltenberg sagte, dass man zwar Bewegungen von Truppen und Kampfpanzern sehe, das beweise noch nicht, dass es einen echten Rückzug gebe. „Sie haben Truppen immer vor und zurück bewegt.“ Russland behalte die Fähigkeit, ohne jegliche Vorwarnzeit eine umfassende Invasion in die Ukraine zu starten.

Das Treffen der 30 Nato-Staaten in Brüssel dient dazu, um Pläne für eine zusätzliche Abschreckung Russlands zu beraten. Angesichts des russischen Truppenaufmarschs wurde bereits vergangene Woche der Aufbau einer zusätzlichen Militärpräsenz im östlichen Bündnisgebiet auf den Weg gebracht. Insbesondere sollen auch in südwestlich der Ukraine gelegenen Nato-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen stationiert werden. Bislang gibt es die sogenannten Battlegroups nur in Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen. Die Umsetzung der Pläne könnte nach Angaben von Stoltenberg noch in diesem Frühjahr erfolgen.

Deutschland schickt zusätzliche Soldaten

Deutschland hat in der aktuellen Krisensituation 350 zusätzliche Soldaten und Eurofighter für die Luftraumüberwachung nach Litauen geschickt. Deutschland leitet dort seit gut fünf Jahren das multinationale Nato-Bataillon. Unklar bleibt, ob Berlin sich an einem multinationalen Gefechtsverband in Rumänien oder einem anderen Land südwestlich der Ukraine beteiligen würde.

Lambrecht betonte in Brüssel, dass über eine dauerhafte Verstärkung der Nato-Ostflanke erst in einigen Monaten entschieden werden sollte. Es sei wichtig, klare Signale zu setzen, dass die Ostflanke wichtig sei, sagte die SPD-Politikerin. Beschlüsse über eine dauerhafte Präsenz sollten aber „nicht in dieser aktuellen Situation“, sondern im Sommer „nach einer intensiven Prüfung und unter Beobachtung der Situation dann“ getroffen werden.