Was hat Elon Musk mit Twitter vor? Foto: IMAGO//Adrien Fillon

Elon Musk hat für 44 Milliarden Euro das soziale Netzwerk Twitter gekauft. Kritiker hadern mit seiner Auslegung der Meinungsfreiheit. Seitdem der geplante Kauf bekannt wurde, verzeichnet das unabhängige Netzwerk Mastodon regen Zulauf. Was steckt dahinter?

Der reichste Mann der Welt und Chef des Elektroautobauers Tesla, Elon Musk, hat künftig beim Kurznachrichtendienst Twitter das Sagen. Welche Auswirkungen diese Übernahme haben wird, darüber wird derzeit spekuliert. Werden die Nutzer abwandern? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Warum wechseln viele Twitter-Nutzer zu Mastodon?

Der Kauf des Kurznachrichtendienstes durch den Tech-Milliardär Elon Musk löst bei vielen Nutzerinnen und Nutzern Sorgen um dessen Unabhängigkeit aus. Nach eigenem Bekunden will Musk Twitter zu einer „globalen Plattform für Redefreiheit“ machen. Eine Lockerung der Regulierungen könnte dazu führen, dass dort wieder vermehrt Hetze und Falschnachrichten verbreitet werden, etwa durch Ex-US-Präsident Donald Trump. Viele Menschen werden sich erneut Gefahren bewusst, die daraus entstehen, dass Konzerne oder Privatpersonen marktbeherrschende globale Kommunikationsplattformen kontrollieren.

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Wer oder was steckt hinter Mastodon?

Mastodon ist Teil von „Fediverse“ (ein Kofferwort aus „federation“ und „universe“, deutsch etwa „freies Universum“), eines Verbunds nicht kommerzieller sozialer Netzwerke, Dienste und Webseiten. Grundidee ist, dass jeder ein Nutzerkonto auf einer beliebigen Plattform anlegen kann, um sich auf allen anderen Plattformen austauschen zu können, ohne dort ein neues Konto anzulegen. Das steht im Gegensatz zu in sich geschlossenen sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook und bietet den Vorteil, unabhängig sowie werbe- und überwachungsfrei zu sein. Mastodon wurde als Teil des Fediverse von dem deutschen Informatiker Eugen Rochko programmiert.

Wie funktioniert Mastodon und wer arbeitet daran mit?

Das Prinzip ist stark an Twitter angelehnt, es gibt aber wesentliche Unterschiede. So ist Mastodon dezentral angelegt, freiwillige Helfer stellen dafür eigene Server zur Verfügung, die miteinander vernetzt sind. Ein Beitrag, bei Twitter „Tweet“ genannt, heißt bei Mastodon „Toot“ oder „Trööt“ und kann bis zu 500 Zeichen lang sein. Das Weiterverbreiten heißt bei Mastodon „Boost“, statt mit „Gefällt mir“ oder einem Herzsymbol markiert man positiv bewertete Beiträge mit einem Sternchen.

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Wie startet man?

Bei der Anmeldung, etwa unter https://joinmastodon.org/communities, findet man eine Auswahl von Gemeinschaften. Aus diesen sucht man sich diejenige heraus, die einem am sympathischsten ist. Man braucht dafür nur eine gültige E-Mail-Adresse und ein Passwort, das man selbst festlegt. Manchen Gemeinschaften kann man direkt beitreten, bei anderen muss man zunächst eine Einladung anfordern. Die Wahl bestimmt die Adresse, unter der man künftig zu finden ist. Sie ähnelt einer E-Mail-Adresse, also etwa @neuernutzer@mastodon.social. Man kann aber frei mit Mitgliedern aller anderen Nutzergruppen kommunizieren und die Gemeinschaft später wechseln, etwa wenn ein Gemeinschaftsserver seinen Dienst einstellen sollte.

Wie findet man Kontakte?

Abhängig von der gewählten Gemeinschaft, werden eine Reihe von dort aktiven Nutzerinnen und Nutzer vorgeschlagen. Wie bei Twitter klickt man in interessanten Profilen auf „Folgen“. Über „Entdecken“ in der rechten Menüleiste findet man Beiträge, die gerade stark diskutiert werden. Alternativ sucht man über das Eingabefeld oben links nach Stichwörtern, Themen oder Namen. Wie bei anderen sozialen Netzwerken gibt es auch bei Mastodon sogenannte Hashtags. Man setzt also ein # vor einen Begriff und bekommt dann thematisch verwandte Beiträge angezeigt. Auf die gleiche Weise markiert man eigene Beiträge, um die Aufmerksamkeit anderer Nutzer zu erregen. Über „Folgende und Gefolgte“ unten rechts kann man die eigenen Kontakte verwalten.

Wie schreibt man eine Nachricht?

Nachrichten gibt man in das Feld links oben, unterhalb des eigenen Profilbilds ein. Man kann sie mit Symbolen und Hashtags versehen, Mediendateien anhängen und über das Globus-Symbol festlegen, wer die Nachricht sehen kann. Das Kürzel „CW“ steht für „Content Warning“, „Inhaltswarnung“. Ist ein Beitrag damit markiert, können andere entscheiden, ob sie die Nachricht sehen wollen oder nicht. Abschließend klickt man auf „Tröt!“.

Gibt es eine App?

Es gibt sogar jede Menge davon, da Mastodon kein geschlossenes System ist. Unter https://joinmastodon.org/apps und in den App Stores finden sich neben den offiziellen Apps für iOS und Android auch Apps anderer Anbieter. Eine App ist aber nicht unbedingt nötig, da sich Mastodon direkt im Browser aufrufen lässt. Falls man den Wechsel langsam angehen möchte: Es gibt Apps, mit denen man Twitter und Mastodon gleichzeitig nutzen kann.

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Wird Mastodon das neue Twitter?

Das hängt davon ab, ob sich genug Menschen und Organisationen finden, die künftig Mastodon aktiv nutzen werden. Außerdem muss das Projekt mit Spenden, Servern und aktiver Teilhabe, etwa bei der Moderation von Inhalten unterstützt werden. Ob jemals die Dimensionen von mehreren Hundert Millionen aktiven Nutzern erreicht werden, wie sie Twitter und Facebook vorweisen können, ist fraglich. Doch das muss ja nicht zwangsläufig ein Nachteil sein.