Armin Laschet und Annalena Baerbock mussten attackieren. Olaf Scholz konterte. Foto: dpa/Michael Kappeler

Mit Spannung wurde das TV-Triell der drei Kanzlerkandidaten erwartet. Annalena Baerbock und Armin Laschet mussten attackieren. Doch Olaf Scholz konterte.

Stuttgart - Das TV-Triell der drei Kanzlerkandidaten am Sonntagabend wurde mit Spannung erwartet. Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (CDU) mussten attackieren, da die beiden mit ihren Parteien in den Umfragen leicht zurückliegen. Doch Olaf Scholz (SPD) konterte.

Armin Laschet setzt auf Kontinuität

Das war die Kernbotschaft Laschets wichtigste Botschaft war, die Wirtschaft ihre Dynamik entfalten zu lassen und ihr keine Fesseln anzulegen – weder durch Steuererhöhungen noch durch bürokratische Hürden oder Verbote. Auch Aufgaben wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Senkung des Armutsrisikos will er mit Wirtschaftspolitik lösen. Im Umgang mit der Pandemie will er so viel Freiheit wie möglich gewähren.

Das brachte Punkte Mehrfach gelangen Laschet starke Attacken und vor allem eine Fokussierung auf die SPD als neuen Hauptgegner. In einem Fall setzte er Olaf Scholz unter Druck, als er ihn aufforderte, eine Koalition mit der Linken auszuschließen. „Sie eiern hier rum“ – damit behielt er Recht, ein klares Ja oder Nein blieb der Gegner schuldig. Auch beim Thema Außen- und Verteidigungspolitik griff Laschet die SPD glaubhaft wegen ihrer Haltung zu bewaffneten Drohnen an.

Das war schwach Laschets schwächster Moment war der, in dem er auch auf Nachfrage nicht beantworten konnte, um wie viel seine Union alleinerziehende Mütter entlasten würde. Schwierig war auch die Forderung nach „mehr Tempo“ und „mehr Möglichkeiten“ für den Kandidaten, dessen Partei seit 16 Jahren die Kanzlerin stellt. An einer Stelle zeigte Laschet, wie wenig er den Bürgern zutraut: Er frage sich, ob sie die Debatte verstünden, sagte er nach einer Antwort von Baerbock.

So war der Auftritt. Laschet wirkte zu Beginn nervös und eher defensiv, wurde dann aber offensiver. Bei den Ja-Nein-Anworten war er der einzige, der sich auf die Frage nach dem Reisen in Zügen nicht festlegte – das wirkte unentschlossen für jemanden, der in der Pandemie auf Freiheiten pocht. Als Kernkompetenz seiner Partei nannte er Stabilität und Verlässlichkeit in schwierigen Zeiten. Damit wirkte er wie jemand, für den Veränderung nichts ist, was man tun muss, sondern etwas, das einem ins Gesicht bläst. Interessant: Laschet nahm Rücksicht auf seine schlechten Umfragewerte und warb für Stimmen für das „Team CDU“.

Annalena Baerbock gibt sich angriffslustig

Das waren die Kernbotschaften Das Durchwursteln müsse ein Ende haben, forderte Annalena Baerbock an mehreren Stellen des Triells. Sie warf der scheidenden Koalition aus Union und SPD vor, zu oft auf Sicht zu fahren – in der Außenpolitik, bei Corona und beim Klimaschutz. Es fehle an langfristigen Strategien zur Erneuerung. Gerade beim Thema Klima verlangte sie deutlich mehr Tempo. Das sei auch im Interesse von Unternehmen und Beschäftigung, erklärte Baerbock.

Das brachte Punkte Gleich am Anfang der Debatte setzte Baerbock klug den Ton: Sie wollte nicht darüber reden, warum ihre Mitbewerber für das Kanzleramt ungeeignet seien – sondern darüber, was ihr Angebot an die Wähler ist. „Wir brauchen jetzt einen wirklichen Aufbruch“, sagte sie. Beim Thema Klima/Energie griff sie Unions-Kandidat Armin Laschet an einer Stelle frontal an – und der konnte sich nicht wehren: CDU und CSU redeten davon, dass die Verbraucher nicht zusätzlich belastet werden sollen. Doch habe die Union gerade erst verhindert, dass Vermieter an den Zusatzkosten beteiligt werden, die beim Heizen durch die neue CO2-Bepreisung entstehen.

Das war schwach Die Moderatoren fragten Baerbock an einer Stelle nach geplanten Verboten. Sie sprang prompt über dieses Stöckchen – obwohl die Grünen ansonsten bemüht sind, das Image der Verbotspartei loszuwerden. Baerbock sagte, dass ab 2030 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden sollen. Die beiden anderen Kandidaten vermeiden tunlichst, von Verboten zu reden.

So war der Auftritt Die Grünen-Chefin wirkte gut vorbereitet und angriffslustiger als ihre Wettbewerber. Sie gestikulierte mit den Händen, wendete den beiden anderen Kandidaten im Gespräch den Körper zu. Sie lächelte auch häufiger – und setzte sich damit deutlich von den beiden anderen Kandidaten ab. Baerbock wirkte eher schlagfertig. Richtig in Bedrängnis konnten die Moderatoren und ihre Wettbewerber sie nicht bringen.

Scholz setzt auf Fairness und Respekt

Das war die Kernbotschaft Er habe schon viele Ämter ausgefüllt, sagte er einleitend. Und das war schon die Hauptbotschaft. Erfahrung und Sicherheit auf dem politischen Parkett. Fairness im Umgang. Die Kernbotschaft war er selbst.

Das brachte Punkte Das Klimathema ist kein Heimspiel für Scholz. Aber er schlägt sich gut. Schlagfertig die Antwort auf die Frage, ob er etwas verbieten wolle. Ein schlichtes „Nö.“ Klar ist er, wenn er sagt, dass es für Gutverdienende angesichts der Pandemiekosten keinen Raum für Steuersenkungen gibt. „Dreimal unterstrichen“ ist das Nein zur Erhöhung der Mehrwertsteuer. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalter schließt er aus. Sehr wirkungsvoll war ein Angriff auf Laschet. Der forderte ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Scholz: „Sie haben sich da verheddert.“ Das Gesetz gebe es, werde aber vor dem Europäischen Gerichtshof überprüft.

Das war schwach Afghanistan und Bundeswehr waren kein Glanzstück für Scholz. Ob er sich schäme wegen des Chaos in Kabul? Kleinlaut räumte er ein, „sehr bedrückt“ zu sein. Was ihm den Konter von Annalena Baerbock einbrachte, er sei doch immerhin Vizekanzler und säße bei allen Entscheidungen mit am Kabinettstisch. Das musste Scholz ohne Widerspruch schlucken. Und er konnte den Eindruck nicht ausräumen, beim Thema der Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr die Sache auf die lange Bank zu schieben. Beim Thema Rot-Rot-Grün schließlich hat er herumgeeiert.

So war der Auftritt Dunkler Anzug, dunkle Krawatte. Ganz staatstragend wollte er wirken. Dazu passt kein rabaukiger Ton. Gleich zu Beginn hat er das Schlüsselwort „Respekt“ gebraucht und im Schlusswort noch mal. Er wolle keinem der Konkurrenten die Kanzlertauglichkeit absprechen. Das Problem: Der geplante Auftritt als Gentleman hinderte ihn, die anderen direkt anzugehen. So blieb er oft Zuschauer, als sich Laschet und Baerbock auseinandersetzten.