Kilian Berger (li., als Rex Gildo) und Ben Becker (als Fred Miekley). Foto: dpa

Rosa von Praunheims „Rex Gildo – Der letzte Tanz“ erinnert voller Mitgefühl an den Schlagerstar Rex Gildo. Lebendige Erinnerungen treffen dabei jedoch auf skurrile Spielszenen. Eine Vorschau.

Die Frauen lagen ihm zu Füßen. Rex Gildo hat 40 Millionen Schallplatten verkauft, in rund 30 Filmen mitgewirkt und war gemeinsam mit Roy Black jahrzehntelang lang der Topstar unter den deutschen Schlagersängern. Am Ende trat er in Möbelhäusern auf; der unrühmliche Ausklang einer glanzvollen Karriere, die in den späten 50er Jahren begonnen hatte. 1972 veröffentlichte er „Fiesta Mexicana“, bis heute einer der bekanntesten deutschen Schlager. Für Gildo war sein größter Hit Fluch und Segen zugleich, fortan wurde sein Schaffen auf „Hossa! Hossa! Hossa!“ reduziert.

Die Ikone der Schwulenbewegung ordnet den Stoff filmisch ein

Aufstieg und Absturz von Ludwig Franz Hirtreiter würden ähnlich wie das Leben Roy Blacks, dem Peter Keglevic mit einem famosen Christoph Waltz in der Hauptrolle ein filmisches Denkmal gesetzt hat („Du bist nicht allein – Die Roy Black Story“, 1996), auch zum Spielfilm taugen, aber Rosa von Praunheim hat – „frei erzählt nach wahren Begebenheiten“ – ein Dokudrama daraus gemacht. Das hat seinen Reiz, weil sich so zeitgenössische Aufnahmen und heutige Interviews integrieren lassen. Das ist fesselnd, zumal Gesangs- und Schauspielpartnerinnen wie Vera Tschechowa, Cornelia Froboess und Gitte Hænning noch sehr lebendige Erinnerungen an die gemeinsame Arbeit haben. Leider sind die größtenteils wie ein abgefilmtes Bühnenwerk wirkenden Spielszenen deutlich weniger gelungen. Die Reduktion ist mutmaßlich eine Frage der Finanzen gewesen und hätte als Stilmittel durchaus überzeugen können, aber die Darbietungen sind stellenweise dilettantisch. Nicht mal unfreiwillig komisch sind etwa die Auftritte dreier altgewordener weiblicher Edelfans, die sich bis heute über die Gerüchte echauffieren, ihr Liebling sei homosexuell gewesen.

Just dieser Aspekt dürfte jedoch der Grund gewesen sein, warum sich Praunheim derart intensiv mit „Sexy Rexy“ beschäftigt hat. Der Regisseur (Jahrgang 1942) bezeichnet Gildo als Jugendidol. Mit seinem Film will er zeigen, wie schwierig es einst für Homosexuelle gewesen sei, ihre Liebe auszuleben; für den Sänger habe dies „ein Leben voller Heimlichkeit und Lügen“ bedeutet. Praunheim gilt wegen seines bis heute bekanntesten Werks, „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (1971), als Ikone der Schwulenbewegung. Der Film dokumentiert das Leben Homosexueller in der schwulen Subkultur Berlins und hatte maßgeblichen Einfluss darauf, dass sich homosexuelle Männer und Frauen politisch für ihre Sache engagierten. Am Beispiel Gildos verdeutlicht Praunheim das Versteckspiel der Betroffenen. Paragraf 175 des deutschen Strafgesetzbuches, der sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe stellte, ist zwar 1969 liberalisiert, aber erst 1994 abgeschafft worden.

Der Tod des Stars wird ein Rätsel bleiben

Bei Sängern, die fortwährend von der Liebe zu bezaubernden Frauen sangen, hätte ein öffentliches „Coming-out“ höchstwahrscheinlich das Karriereende bedeutet. In einer Szene überreden daher drei Plattenfirmenbosse ihren Goldesel, eine Scheinehe mit einer Frau einzugehen. Folgsam heiratete er also seine Cousine, die damit wohl eine Ehe zu dritt einging: Für Praunheim gibt es keinen Zweifel, dass Rex Gildos Manager Fred Miekley (Ben Becker) sein Lebensgefährte gewesen sei. Dessen Tod 1988, das legt der Film nahe, war der Anfang vom Ende.

Der Stern des Stars war schon damals im Sinkflug. Gildos Versuch, auch jenseits der 50 noch als gebräunter jugendlicher Liebhaber mit strahlend weißen Zähnen und voller dunkler Haarpracht (längst ein Toupet) durchzugehen, wirkte bizarr; Tabletten und Alkohol taten ein Übriges. Kai Schumann verkörpert den gealterten Sänger anrührend (den jungen Gildo spielt Kilian Berger). Der Tod des Stars wird ein Rätsel bleiben: Im Oktober 1999 erlag er den Verletzungen nach einem Sturz aus dem zweiten Stock. Suizid oder ein Unfall? Man wird es nie erfahren. Praunheim überlässt die Deutung einer Journalistin, die den Sänger gut kannte.

„Rex Gildo – Der letzte Tanz“: 15. Februar, ARD, 0.05 Uhr.