Zu allem bereit: Alex (Bastian Pastewka), Ole (Fabian Busch) und Paul (Hans Löw, v. li.) Foto: ZDF/Foest

Der Fernsehfilm „Der Sommer nach dem Abitur“ bei Arte ist ein ulkiges Roadmovie mit drei Mittvierzigern, der Musik von Madness und viel tragikomischer Nostalgie.

Stuttgart - Paul, Alex und Ole haben etwas nachzuholen: die Fahrt zum Madness-Konzert. Am Ende der Schulzeit vor 25 Jahren war sie gescheitert, nun treffen sich die Freunde von einst im Fernsehfilm „Der Sommer nach dem Abitur“ wieder, um das Versäumte nachzuholen. Aber sind die Mittvierziger auch einen Schritt weiter? Der Song „One Step beyond“ der britischen Band Madness aus dem Jahr 1979 wird natürlich auch angespielt in diesem tragikomischen Roadmovie voller popkultureller Zitate.

Die Wiedervereinigung arrangiert hat Paul (Hans Löw), der Bruder Leichtfuß des Trios. Er hat sogar einen Einser-Golf organisiert, Baujahr 1982, gelb und kein bisschen altersschwach, sieht man von den Scheibenwischern ab. Alex (Bastian Pastewka), Pharmareferent, reist mit einem großen Koffer, einer Ehekrise und vielen Pillen an. Ole (Fabian Busch), freiberuflicher Sachbuchautor („Buddha an der Börse“), bringt einen Haufen Taschen und viel Enthusiasmus mit.

Ein Hauch tragischer Größe

Man trifft sich stilecht vor einem Supermarkt, der noch aus den 1980er Jahren zu stammen scheint. Was auch auf den Filialleiter zutrifft. Achim, ihr alter Klassenkamerad, ist eine peinliche Type, die vom Büro aus dank Überwachungskameras den Mitarbeiterinnen unter den Rock blickt und übers Mikro ein launiges Regiment führt. Charly Hübner gibt diesem traurigen Dasein einen Hauch tragischer Größe, aber man ist doch froh, dass er wie früher in der Schule nicht zur Dreierbande gehört. Paul, Ole und Alex haben ohnehin untereinander noch einiges zu klären. „Wir waren Freunde. Das hat mit Mögen nicht so viel zu tun“, sagt Ole. Am Ende werden sie ihr Ziel nicht erreichen, aber – in aller Freundschaft – vielleicht doch einen Schritt weiter sein.

Komödien bedienen sich bei Klischees, müssen es sogar, um den menschlichen Irrsinn bloßzulegen und vielleicht das Publikum mit anderen und sich selbst zu versöhnen. Dafür braucht es Figuren, die weder langweilig noch total unsympathisch sind, Humor, der niemanden der Lächerlichkeit preisgibt, und nicht zuletzt Präzision und ein zügiges Tempo.

Zwischen AC/DC und Heino

Auch in dieser Hinsicht hat das Roadmovie von Marc Terjung (Drehbuch) und Eoin Moore (Regie) mit seinem blendend aufgelegten Trio einiges zu bieten: Schon bald wird Alex’ Koffer von der Polizei gesprengt – und mit ihm der gesamte Medikamenten-Vorrat des Pharma-Lobbyisten. Auf dem Campingplatz muss das Trio den „AC/DC-Spacken“ den reservierten Platz überlassen und stattdessen sein Zelt zwischen Toilette und Wohnwagen eines jungen Pärchens aufbauen, aus dem irgendwann in voller Lautstärke Heinos „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ ertönt.

Die Musik ist in dieser nostalgischen Freundschaftsode ein weiterer Hauptdarsteller. Der Madness-Hit „Our House“ zu Beginn hat Wiedererkennungswert, später folgen noch „Baggy Trousers“, „Embarrasment“ und „Mr. Apples“. Die Sängerin Stefanie (Pegah Ferydoni) verdreht Ole mit „It must be Love“ den Kopf, aber auch Bob Marley und Chris Whitley erheben ihre Stimmen. Und Whitney Houston – in einer unvergesslichen Szene, die beweist, dass es auch für Leute, die ihre Musik gar nicht mögen, hilfreich sein kann, zu wissen, wann genau es los geht mit dem „I will always love you“-Schmachtrefrain.

Ausstrahlung: Arte, 28. Februar 2020, 20.15 Uhr. In der Mediathek des Senders vom 28. Februar bis 29. März 2020.