Eigentlich gut vertraut miteinander: Gregor (Roeland Wiesnekker) und Agnes (Ulrike C. Tscharre) Foto: NDR/Markus Hertrich

Spannend und ohne plumpe Schuldzuweisungen erzählt „Wo ist die Liebe hin“ in der ARD von der Entzweiung eines mittelalten Paares.

Stuttgart - Wie das angefangen hat, kann keiner von ihnen mehr sagen. Diese Gereiztheit, diese Ungeduld, dieses Misstrauen, diese Bereitschaft, alles krummzunehmen, was der andere sagt oder tut, dieser Eifer, jede kleine Vergesslichkeit als sehr persönliche Kränkung auszukosten. Aber das ist das Eheleben, das Agnes (Ulrike C. Tscharre) und Gregor (Roeland Wiesnekker) nun führen. Agnes und Gregor, die ihren Freunden früher schon mal auf die Nerven damit gingen, dass ihre Beziehung im Stadium langer Vertrautheit noch immer so innig, so herzlich, so zugewandt, so wolkenfrei ist wie in der Phase des frischen Verliebtseins.

Selten hat ein Film sein Thema so schön im Titel eingefangen wie dieses unverkrampfte, auf hochdramatische Luftabschnürungsübungen raffiniert verzichtende Problemstück von Katrin Ammon und Martina Borger (Drehbuch) sowie Alexander Dierbach (Regie): „Wo ist die Liebe hin“. Da steht kein Fragezeichen, weil man das als fatalistischen Seufzer lesen soll. Agnes und Gregor hoffen nicht auf Antwort und ahnen, dass man das nur schwer reparieren kann, dessen fehlerhafte Stelle sich nicht benennen lässt.

Reibereien und Konflikte

Natürlich gibt es einen greifbaren Wandel im Alltag des Paares, das mit einer Teenagertochter gerade die üblichen Pubertätsprobleme hat. Agnes beginnt nebenbei und ehrenamtlich, für ein Tafelprojekt zu arbeiten. Was sie dort an Not, Verzweiflung, Bedürftigkeit vorfindet, lässt sie den häuslichen Komfort, die gewohnten Routinen und Sicherheiten mit neuen Augen sehen. Das Ehrenamt frisst Zeit und Kraft, man versteht auch den ein oder anderen Streit, der zu Hause ausbricht. Aber man kann – oder möchte – diese Reibereien und Konflikte noch lange nicht zu einer Kraft addieren, die eine Liebe zerbrechen kann.

Clever führen die Filmemacher eine Figur ein, die man anderswo rasch als Spalterin identifizieren dürfte: die Tafel-Managerin Heike (Anneke Kim Sarnau), burschikos, energisch, von Männern eher frustriert, aber rasch eine einflussreiche neue Freundin von Agnes. Doch hier bekommt Heike eben nicht die Intrigantinnenrolle zugewiesen, so wie dieser Film überhaupt auf Schuldzuweisungen verzichtet. Bis zum offenen Schluss merkt man, dass Agnes und Gregor aneinander festhalten möchten, aber keinen Griff finden, der nicht schmerzt. Darin mischen sich Hoffnung und Erschreckendes.

Wo ist die Liebe hin. ARD-Mediathek ab dem 5. Januar, im Ersten am 12. Januar, 20.15 Uhr.