Donald Trump will schnellstmöglich Schulen wieder öffnen – trotz aller Warnungen. Foto: AP/Evan Vucci

Angesichts rapide steigender Arbeitslosenzahlen dringt US-Präsident Trump auf eine rasche Öffnung der Wirtschaft und Schulen. Doch ranghohe Gesundheitsbeamte warnen.

Washington - Ungeachtet eindringlicher Warnungen ranghoher Gesundheitsbeamter will US-Präsident Trump die Wiedereröffnung von Schulen und Universitäten vorantreiben. Das neue Schuljahr solle wie geplant im Herbst beginnen, zumal das Coronavirus „sehr wenig Auswirkungen“ auf jüngere Menschen habe, sagte Trump am Mittwochabend (Ortszeit) im Weißen Haus. Die Entscheidung zur Lockerung der Corona-Auflagen liege bei den Gouverneuren der 50 Bundesstaaten, Schulen seien dabei aber wichtig. „Ein Staat ist nicht offen, wenn die Schulen nicht geöffnet sind.“

Hochrangige Beamte mahnten aber zur Vorsicht. „Ohne klare Planung und Umsetzung der Schritte, die ich und andere Experten umrissen haben, wird 2020 der dunkelste Winter der jüngeren Geschichte sein“, warnte Rick Bright, ehemaliger Direktor der dem Gesundheitsministerium untergeordneten Behörde BARDA, in einer vorab verbreiteten Aussage für einen Ausschuss des Repräsentantenhauses. Er sollte am Donnerstag im Parlament angehört werden.

USA sei wegen Trump wie gelähmt

Bright kritisierte Trumps Corona-Politik scharf. Es sei eine „unbestreitbare Tatsache“, dass im Herbst das Coronavirus erneut auftreten werde. Mit einem gleichzeitigen Ausbruch der Grippe wäre dies eine „beispiellose Belastung“ für das Gesundheitssystem. Das Land sei wegen Trumps irreführender Kommunikation und einer fehlenden landesweiten Strategie wie gelähmt. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssten die Strategie für den Kampf gegen das neuartige Coronavirus definieren, „nicht Politik und Vetternwirtschaft“.

Bright wurde im April nach eigenen Angaben als Direktor der Behörde geschasst, weil er sich weigerte, von Trump gepriesene Behandlungsmethoden für die Lungenerkrankung Covid-19 zu unterstützen, die nicht wissenschaftlich belegt waren. Er wurde auf einen Posten im Nationalen Gesundheitsinstitut (NIH) versetzt. Trump erklärte, er kenne den Beamten gar nicht.

Auch der Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten, Anthony Fauci, hatte am Dienstag vor einer übertrieben schnellen Rückkehr zur Normalität gewarnt. „Das könnte wirklich ernste Konsequenzen haben“, sagte der Trump-Berater in einer Video-Anhörung des Senats. Zu Beginn des neuen Schuljahres werde es wahrscheinlich keinen Impfstoff geben.

27 Millionen Menschen könnten Krankenversicherung verlieren

„Wir sollten wirklich sehr vorsichtig sein, besonders wenn es um Kinder geht. Denn je mehr wir erfahren, desto mehr sehen wir Dinge darüber, was dieses Virus anrichten kann, die wir bei den Studien in China oder in Europa nicht gesehen haben“, sagte Fauci unter Verweis auf Berichte über schwere Covid-19-Fälle mit ungewöhnlichen Symptomen bei Kindern. Trump kritisierte seinen Berater deshalb. „Eigentlich war ich von seiner Antwort überrascht. Für mich ist es keine akzeptable Antwort - besonders, was Schulen angeht.“

Wegen des enormen Anstiegs der Arbeitslosigkeit in den USA könnten einer Studie zufolge fast 27 Millionen Menschen mitten in der Corona-Pandemie ihre Krankenversicherung verlieren. Grund dafür sei, dass die meisten Menschen über den Arbeitgeber krankenversichert seien, so die Studie der Kaiser Family Foundation. Nach dem Verlust eines Jobs in den USA endet das Versicherungsverhältnis daher oft sehr schnell - oder Arbeitnehmer können es sich schlicht nicht leisten, die Police privat weiter zu bezahlen.

In den USA haben wegen der Corona-Krise seit März mehr als 33 Millionen Menschen Arbeitslosenhilfe beantragt. Die USA sind praktisch das einzige entwickelte Industrieland ohne eine allgemeine staatliche Krankenversicherung.