Keine Selbstverständlichkeit: Xi und Biden begrüßen sich per Handschlag – und lächelnd. Foto: dpa/Alex Brandon

Das erste persönliche Treffen zwischen den Staatschefs der USA und China verlief freundlicher als erwartet. Auf beiden Seiten ist ein deutlicher Wille zu erkennen, die desaströsen Beziehungen zu verbessern. Streitthemen blendete die chinesische Seite jedoch gänzlich aus.

Es sind die kleinen Details, auf die es bei einem Gipfeltreffen von solch historischer Bedeutung ganz besonders ankommt: Als US-Präsident Joe Biden geraden Schrittes auf seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping zuschreitet, strecken sich die beiden Staatschefs lächelnd ihre rechte Hand entgegen. Eine Selbstverständlichkeit ist dies nicht: Dem deutschen Kanzler Olaf Scholz ist während seines Peking-Besuchs zu Beginn des Monats kein Handschlag mit Xi vergönnt gewesen.

Mit maximaler Spannung wurde das erste persönliche Gespräch zwischen Xi und Biden antizipiert. Von den bilateralen Beziehungen zwischen den USA und China hängt schließlich maßgeblich ab, ob die internationale Staatengemeinschaft erneut in zwei Machtblöcke zerfällt, oder ob eine multipolare Weltordnung auch friedlich gelingen kann.

Zwei Staatschefs und ein riesiges Blumengesteck

Gemessen an der niedrigen Erwartungshaltung ist das Treffen in Bali überraschend positiv gestartet. Der Ton während der ersten öffentlichen Stellungnahme war ohne jeden Zweifel versöhnlich. Joe Biden sagte etwa, man müsse sicherstellen, dass aus der Konkurrenz zwischen den zwei Ländern kein Konflikt werde: „Die Welt erwartet, dass China und die Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen spielen und dass wir in der Lage sind, zusammenzuarbeiten“.

Auf der anderen Seite des Konferenzzimmers, getrennt durch ein riesiges Blumengesteck, sprach Xi Jinping davon, für ein „freimütiges Gespräch“ bereit zu sein, und dass beide Seiten „die richtige Richtung“ für die gemeinsamen Beziehungen finden müssen.

Bei diesem Prozess hilft durchaus, dass die beiden Staatschefs langjährige Wegbegleiter sind. Biden hat – damals als Vize-Präsident unter dem früheren US-Präsident Barack Obama – knapp 70 Stunden Gesprächszeit mit Xi angehäuft, so viel wie wohl kein anderer westlicher Politiker. Einst bezeichnete Xi den US-Demokraten sogar als „lao pengyou“: als einen „alten Freund“.

Doch jenes Bonmot wirkt wie aus einer weit entfernten Vergangenheit. Seither nämlich haben sich die bilateralen Beziehungen nicht nur verschlechtert, sondern sind regelrecht eskaliert. Nicht wenige Leitartikler halten langfristig eine militärische Auseinandersetzung zwischen den zwei Systemrivalen für denkbar, ja vielleicht sogar für unausweichlich. Im Pekinger Regierungssitz Zhongnanhai hat sich längst die Wahrnehmung etabliert, dass die USA den chinesischen Aufstieg mit allen erdenklichen Mitteln verhindern wollen.

Positive Signale – und eine Enttäuschung

Umso wichtiger ist das Schaffen gemeinsamer Kommunikationskanäle. Allein dieses erste persönliche Treffen wurde bereits seit Juli von Regierungsvertretern der zwei Staaten vorbereitet, nachdem Xi und Biden während eines Telefonanrufs ihren Willen dazu geäußert hatten. Dass man in Bali jedoch während des knapp dreieinhalbstündigen Gesprächs bilaterale Differenzen ausmerzen werde, sollte nicht die Erwartungshaltung sein, hieß es aus Washingtoner Regierungskreisen. Denn die Gräben sind dafür schlicht zu tief.

Zumindest einige positive Signale ließen sich dennoch vernehmen. Bei den Stellungnahmen nach dem Treffen hat sich Xi Jinping „höchst besorgt über die gegenwärtige Situation in der Ukraine“ geäußert, und dass man die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland unterstütze.

Enttäuschend aus europäischer Sicht ist, dass Xi die zuvor in Anwesenheit von Olaf Scholz getätigte Äußerung, man werde das Drohen mit Nuklearwaffen nicht dulden, nicht wiederholt hat. Jene Worte von Anfang November galten als bislang deutlichste Kritik Chinas an Russland – am Montag fanden sie sich dann nur in der Stellungnahme der US-Amerikaner wider, nicht jedoch im Papier der Chinesen.

Biden spricht heikle Themen an

Auch die lange Liste an Streitthemen, bei denen die beiden Seiten wohl auf keinen gemeinsamen Nenner kommen werden, sprach ausschließlich Biden an: von der Menschenrechtslage in China bis hin zum Taiwan-Konflikt.

Immerhin gibt es zumindest auch einige Felder, die die zwei Weltmächte zur Zusammenarbeit zwingen: allen voran der gemeinsame Kampf gegen die globale Erderwärmung. Ein großer Gewinn wäre daher, wenn die zwei Länder ihre offiziellen Klimagespräche, die im Grunde nie richtig Fahrt aufgenommen hatten, endlich wieder fortsetzen würden. Doch bis Redaktionsschluss sah es nicht danach aus.