Brautpaare müssen derzeit mit einigen Hürden klar kommen. Foto: dpa/Martin Gerten

Sich das Ja-Wort vor leeren Stühlen und unter sechs Augen geben? Diese Aussicht in Zeiten der Corona-Pandemie behagt derzeit offenbar nicht allen Paaren, die auf den Standesämtern den Bund fürs Leben schließen wollten. Und so entscheiden sich einige lieber dafür, ihre Trauung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Bad Cannstatt - Die Einladungskarten sind seit Monaten verschickt, das Fest geplant, die Deko-Artikel lagern in Kisten im Keller. Und doch: Der Corona-Pandemie halten auch Hochzeitspläne nicht stand. In Stuttgarts Standesämtern sind seit März nicht einmal mehr Trauzeugen und Familienangehörige zugelassen, wenn sich ein Brautpaar das Ja-Wort gibt. Die behördlich verordneten Einschränkungen gelten bis Anfang Mai. Änderungen wurden am Donnerstag von den zuständigen Referaten in der Verwaltung zwar diskutiert, eine Entscheidung ist jedoch erst kommende Woche zu erwarten.

Das Thema Abstand spielt während Trauungen nun eine signifikante Rolle: Mindestens eineinhalb Meter zwischen dem Standesbeamten und den Frischvermählten sind Pflicht. Entsprechend obliegt es den Paaren, zu entscheiden, ob sie sich das Ja-Wort vor leeren Stühlen unter sechs Augen geben oder die Zeremonie lieber auf einen späteren Zeitpunkt verschieben wollen. Und auch die Standesbeamten sehen sich in ihrer Arbeit mit einer Palette an Emotionen konfrontiert: Die Enttäuschung ist groß, manchmal fließen Tränen, manchmal herrscht Wut vor. Viele zeigen aber auch Verständnis für die derzeitigen Beschränkungen.

Standesamt Bad Cannstatt: Es ist auch für die Standesbeamten eine besondere Zeit, die mitunter viel Geduld erfordert. So gehen bei Irmgard Reichert immer wieder Anfragen ein, ob sich an der Situation etwas geändert hat und wann wieder mehr Personen an einer Trauung teilnehmen dürfen. Manche Paare melden sich sogar fast täglich. Auch die Zeremonie läuft nun unter anderen Vorzeichen ab. „Die Herausforderung besteht darin, den Brautpaaren eine möglichst schöne Trauung zu gestalten.“ Und das, obwohl diese ursprünglich andere Wünsche und Vorstellungen hatten. Rund 23 Trauungen in Bad Cannstatt wurden bislang in kleiner Runde durchgeführt. Die Mehrzahl der Paare hingegen entschied sich dafür, ihr Ja-Wort umzuplanen. „19 Trauungen wurden abgesagt, 33 Trauungen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben“, berichtet Reichert. Und es gibt noch jene, die sich nicht zu einer endgültigen Entscheidung durchgerungen haben, die lieber abwarten, wie sich die Krise entwickelt und auf weitere Änderungen hoffen.

Standesamt Mühlhausen: Seit Anfang März wurden in Mühlhausen 15 geplante Trauungen durchgeführt, fünf Eheschließungen allerdings auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. „Ganz abgesagt wurde bei uns keine Trauung“, sagt Annika Vollmer-Penic. Aber keine Frage, auch hier müssen die Brautpaare mit den Hürden klarkommen. Und auf diese müssen auch die Standesbeamten reagieren. „Die große Herausforderung ist für uns der Umgang mit dem Brautpaar ohne seine Liebsten am großen Tag.“ Für die Einschränkungen hätten diese aber in der Regel „sehr großes Verständnis“. Was die Mitarbeiter zudem im Blick haben müssen: „Bei den Trauungen werden Sicherheitsabstände strikt eingehalten, die Räumlichkeiten stets desinfiziert, auch auf ausreichend Belüftung wird geachtet.“ Und natürlich wird auch auf den Handschlag verzichtet.

Standesamt Münster: Dass die geltenden Beschränkungen bei den Brautpaaren auf Akzeptanz stoßen, ist eine Erfahrung, die Standesbeamtin Anke-Maria Baier in den vergangenen Wochen gemacht hat. Abgesagt wurde in Münster bislang keine Eheschließung. „Die Paare wissen mittlerweile, dass sie nur zu zweit kommen dürfen. Viele planen das große Fest eh erst nach einer kirchlichen Trauung.“ Einmal hat die Standesbeamtin während einer Zeremonie bislang einen Mundschutz getragen. Freiwillig, aus Rücksicht auf eine Braut, die schwanger war.

In der Verwaltung wird die Einführung einer Mundschutz-Pflicht in den Standesämtern diskutiert. Allerdings gebe es für eine Entscheidung noch internen Abstimmungsbedarf, so die Auskunft eines Stadtsprechers am Donnerstag.