Die Stimmung ist trotz der ernsten Anliegen ausgezeichnet. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Rund 500 Transpersonen demonstrierten am Samstag bei der 4. Trans*Pride für Gleichstellung und das Recht auf Selbstbestimmung.

Blau, rosa und weiß sind allgegenwärtig, als am Samstagmittag etwa 500 Menschen durch die Stuttgarter City ziehen, um für ihre Rechte einzustehen. Die Farben stehen für männlich (blau), weiblich (rosa) und nicht-binär, intergeschlechtlich und trans (weiß). Es ist der Demonstrationszug der 4. Trans*Pride, der für lange Hälse in den Straßenkaffees sorgt. „Ich bin asexuell“, gibt Sam (30) Auskunft. Andere Teilnehmer der Veranstaltung seien Transpersonen und homosexuell. Es kämen die verschiedensten Leute zusammen. „Wir sehen uns als Teil der Regenbogenfamilie“, erklärt Sam. Man unterstütze auch den CSD. Der sei aber von Themen wie der Ehe für alle oder dem Adoptionsrecht geprägt. Um für Transrechte einzustehen, sei daher eine eigene Veranstaltung sinnvoll.

Anfeindungen stammen teils aus dem feministischen Lager

Zumal es um die Anerkennung von Transpersonen immer noch schlecht bestellt ist. Mehr noch: „Der Hass wird immer größer“, hält Alexander Häfner von der Stuttgarter Aktionsplattform Mission trans* fest. Transfrauen seien davon besonders betroffen. Ihnen werde häufig das Frausein abgesprochen. Grund: Sie menstruierten nicht und könnten keine Kinder bekommen. Die Anfeindungen stammen teils aus dem feministischen Lager. Von sogenannten TERFS (Trans-Exclusionary Radical Feminists). „,My Body, My Choice, war mal ein feministischer Schlachtruf”, merkt Häfner an. Feministinnen wie Alice Schwarzer hätten das inzwischen wohl vergessen. Dass es auch immer wieder zu körperlichen Übergriffen kommt, ruft der Tod des Trans-Mannes in Erinnerung, der am Freitag den Folgen eines Angriffs am Rande des CSD in Münster erlag. Er hatte sich für zwei lesbische Frauen eingesetzt, die beleidigend angegangen wurden. Zahlreiche Schilder mit Aufschriften wie „R.I.P. Malte” sind im Demonstrationszug auszumachen. Ehe das Programm auf der Schlossplatzbühne startet, wird des Toten mit einer Schweigeminute gedacht.

Stimmung ist ausgezeichnet

Die Stimmung ist trotz der ernsten Anliegen (unter anderem die Abschaffung des Transsexuellengesetzes oder die Rechte von Transkindern) ausgezeichnet. „Ich finde es gut, dass sich diese Leute so offen zeigen”, kommentiert ein Zaungast den von schmetterlingsflügligen Transpersonen angeführten Zug. „Sie vermitteln Lebensfreude.” Ebenfalls ganz vorn mit dabei: Tessa Ganserer, eine von zwei Transfrauen im Bundestag und Schirmherrin der Trans*Pride 2022. Auch Axel Schwaigert von der MCC Gemeinde Stuttgart hat es sich nicht nehmen lassen, Flagge zu zeigen. „Gott ist kein alter weißer Cis-Mann”, verleiht er seiner Überzeugung Ausdruck. Passend dazu hat jemand ein Banner mit der Aufschrift „Gott ist trans*zendent” mitgebracht.

„Warum haben die sich alle verkleidet?“ fragt ein Mädchen seine Mutter, als sich die Demonstrierenden zur Zwischenkundgebung am Rotebühlplatz sammeln. „Sie möchten ein Zeichen setzen, weil sie so leben wollen, wie sie sich wohlfühlen.“, antwortet diese. Mit der Parade durch die Stuttgarter City unter dem Motto „My life, my choice! Selbstbestimmung jetzt!“ hat die 4. Trans*Pride zumindest ein Ziel erreicht: Wahrnehmung durch die Stadtgesellschaft.