Nach dem Tod von Queen Elisabeth II. trauern Menschen in London vor dem Buckingham-Palast. Foto: dpa/Christophe Ena

In Stuttgart findet man keine Anlaufstelle zum Trauern. Doch bei Fans von Queen Elisabeth II. fließen Tränen.

Im Netz können Stuttgarter für Queen Elisabeth II. die Kirchenglocken läuten. Weil am Freitag in Großbritannien die Glocken erklangen, hat die anglikanische Gemeinde der Katharinenkirche eine Aufnahme ihrer Glocken auf die Webseite gestellt. Die Tore der Kirche bleiben aber verschlossen. Blumen liegen weder hier noch vorm Honorarkonsulat. Nur im English Tearoom hat die Mitarbeiterin einen Strauß bunter Rosen aufgestellt. Trauende Briten seien aber nicht gekommen, sagt sie.

Bei Duncan Smith, der im Westen an der Senefelderstraße eine Fotogallerie hat, haben schon Kunden gefragt, ob er keinen Union Jack hissen will. „Ich mach da kein Riesending draus“, sagt der Fotograf, „auch wenn es sehr traurig ist“. Persönlich mochte er die Queen: „Ich feiere sie voll ab, sie war eine tolle Frau.“ Bei aller Trauer freut er sich auf König Charles III.: „Ich bin ein bisschen Fan von Charles.“ Er schätzt dessen Engagement für den Naturschutz.

Duncan Smith Foto: privat

Sie sei sehr traurig, sagt Simone Louis. Die Grafikdesignerin aus London lebt seit Jahrzehnten in Stuttgart. „Ich habe großen Respekt vor ihr. Das war eine unglaubliche Frau“, sagt sie und stockt: „Jetzt muss ich weinen, unglaublich.“ Dabei habe sie die Berichte über die Royals nie intensiv verfolgt – „nur immer mal wieder geguckt, weil mich die deutsche Sicht interessiert.“

Peter Sondheim hörte den Livestream, als die Debatte des britischen Parlaments am Donnerstag unterbrochen wird: Der Zustand der Queen ist kritisch. Was danach passiert, verfolgt der Besitzer des Piccadilly English Shops und eines Whisky-Geschäfts im Stuttgarter Westen im Liveticker. Die disziplinierte Queen, habe jahrzehntelang Stabilität und Einheit in ein zuletzt zerstrittenes Land gebracht. Selbst im Tod: „Eigentlich wäre morgen wieder gestreikt worden, das wurde abgesagt.“ Und so ist seine prägendste Erinnerung an die Königin nicht jene von ihrem Besuch in Bournemouth, wo er aufgewachsen ist. Sondern die ihres silbernen Thronjubiläums. 1977 war er ein Teenager, als die Briten überall im Land Straßenparties feierten: „Es war perfekt. Ich glaube, ich war das erste Mal besoffen. Ja, das weiß ich noch.“

Peter Sondheim Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Wesentlich gesitteter ging es zu, als Elisabeth Mohr vor 60 Jahren ihrer adligen englischen Namensvetterin begegnete – auf dem Rasen des Buckingham Palace. Die Stuttgarterin arbeitete mit 18 Jahren als „Mothers help“, eine Art Haushaltshilfe, bei einer „sehr feinen Familie“ in London. Der Hausherr, ein Lord, stellte sie dort der Queen bei einer Garden Party vor. „Sie war so unglaublich herzlich und interessiert als sie hörte, dass ich aus Deutschland bin!“ Am Freitag trank sie ihren Tee aus der Queen-Tasse, die ihre Nichte im Mai aus London mitbrachte.

Elisabeth Mohr Foto: privat

Verhaltener reagieren da jüngere Stuttgarter: „Es ist schon schade, dass die Queen gestorben ist. Aber ich habe absolut keinen Bezug zum britischen Königshaus“, sagt die 32-jährige Jennifer.  Ihr Vater kommt aus Caerphilly in Wales, sie ist in Deutschland geboren. Ähnlich geht es Sam: „Ich habe gar nicht mitbekommen, dass es der Queen nicht gut ging.“ Dass sie gestorben ist, habe ihm dann seine Freundin erzählt, ganz beiläufig. Der 26-Jährige ging in England zur Grundschule, sein Vater kommt von dort. Sogar die deutsche Oma sei trauriger als er selbst: „Die sagte oft: Wenn die Queen mit über 90 Jahren noch so viel Verantwortung trägt, dann kann ich mit Mitte 80 auch noch die Blumen pflanzen.“ Vielleicht ist es also eine Generationensache mit der Trauer um die Queen in Stuttgart: „Ich habe eben mit meinem Vater telefoniert“, schreibt Sam kurz darauf: „Der sieht es ganz anders als ich.“

Am Freitagnachmittag hat man in Stuttgart dann doch noch öffentlich der Queen gedacht: Um 17 Uhr läutete die Katharinenkirche dann ihre Glocken ganz analog.