Die Kitze werden in Wäschekörbe gelegt, bis das Mähen abgeschlossen ist. Foto: Flugmodus BK

Balkenmäher oder Mähdrescher sind für Rehkitze eine tödliche Gefahr. Der Verein Flugmodus BK sucht Wiesen vor der Mahd ab – seit der Gründung vor drei Jahren hat sich vieles getan.

Lange, staksige Beine, große Knopfaugen: Rehkitze sind ein überaus drolliger Anblick. Doch viele Menschen wissen nicht, dass den Jungtieren jedes Frühjahr eine tödliche Gefahr droht, wenn die Bauern ihre Wiesen mähen. Denn einige Zeit nach ihrer Geburt bleiben die durch ihr gemustertes Fell gut getarnten Kitze bei Gefahr instinktiv still im Gras liegen. Gegen ein Raubtier mag diese Taktik helfen, bei einem Mähwerk tut sie es nicht: Für Landwirte und Stücklesbesitzer sind die Tiere im hohen Gras nicht zu erkennen.

Seit dem Jahr 2020 fliegt der Verein Flugmodus BK daher Wiesen, die gemäht werden sollen, vorher mit Drohnen ab, die mit Wärmebildkamera ausgestattet sind. Die Piloten und Helfertrupps sind im Prinzip bereit für die Saison 2023 – doch das Wetter macht Probleme. „Wir hatten zwar schon Anfang des Monats vereinzelte Einsätze, aber seit dem 4. Mai geht nichts mehr“, sagt Gründungsmitglied Andreas Metz. „Sobald das Wetter wieder besser wird, werden uns vermutlich alle die Bude einrennen.“ Doch der Verein sieht sich gut gerüstet.

Grundstücksbesitzer, Landwirte oder Jagdpächter sind sogar gesetzlich verpflichtet, vor der Mahd Maßnahmen zu treffen, die verhindern sollen, dass Kitze im Mähwerk umkommen. Tun sie das nicht, riskieren sie eine Strafe – und teilweise kommt es trotz aller Vorsicht vor, dass ein Rehkitz vermäht wird. Daher haben Andreas Metz, Stefanie Schlotterbeck und Stefanie Stärk 2020 den Verein Flugmodus BK gegründet. Seitdem hat sich eine Menge getan. In ihrem ersten Jahr waren die Kitzretter noch mit einer Drohne und elf Helfern unterwegs und retteten 26 Kitze; inzwischen haben sie acht vereinseigene Fluggeräte und rund 100 Helfer. Im vergangenen Jahr retteten sie insgesamt 366 Rehkitze. „In diesem Jahr sind nun auch die Kreisjägervereinigungen Backnang und Waiblingen mit jeweils drei eigenen Drohnen dabei“, erklärt Metz.

Der Verein Flugmodus BK geht äußerst professionell vor

Auch auf anderer Ebene haben sich die Helfer professionalisiert: Wer die auf der Webseite angegebene Telefonnummer wählt, wird über eine automatische Ansage weitergeleitet. Dies soll dabei helfen, den Aufwand zu senken und die Meldungen möglichst gut zu bearbeiten. Wer erstmals eine Wiese anmeldet, muss diese in einem Onlinetool markieren. „Wir verfügen jetzt über ein Geoinformationssystem, die Drohnenpiloten können sich die betreffenden Flächen und Routen einfach direkt auf ihre Fernsteuerungen laden“, erklärt Andreas Metz, der als Vermessungsingenieur mit dem Metier bestens vertraut ist.

Das Netzwerk jener, die frühmorgens zu einer Wiese ausrücken und Tierbabys helfen wollen, ist in dieser Saison auch deutlich größer. Das Interesse bei der Kitzrettung ist so groß, dass die Organisatoren der Hilfsaktionen sich im Prinzip aussuchen können, welche Helfer sie aktivieren – je nach Wohnort können diese sich dann melden, wenn eine Mähaktion bevorsteht. Diese beginnen dann allerdings auch in aller Frühe – vor allem, weil die warmen Tierkörper in der kühlen Wiese für die Drohne deutlich besser zu erkennen sind.

So werden die Kitze gerettet:

Die Helfer haben vor einigen Wochen bereits trainiert, was dann zu tun ist: Vom Piloten und dessen Assistenten werden sie per Walkie-Talkie zum Rehkitz dirigiert. „Dann sichern wir das Kitz erst einmal mit einem Wäschekorb, damit es nicht doch wegrennt“, erklärt Metz. Mit Handschuhen und jeder Menge Vorsicht wird das Tier dann in einen weiteren, mit Gras gepolsterten Korb gepackt, der verschlossen wird. „Dann tragen wir das Kitz heraus und stellen es in den Schatten – dem Landwirt oder Jagdpächter obliegt es dann, es nach dem Mähen wieder zurück auf die Wiese zu setzen“, sagt Metz.

Im vergangenen Jahr haben die Aktiven aber auch die Erfahrung machen müssen, dass Tierliebe und Motivation nicht immer Hand in Hand gehen. Es sei vorgekommen, dass Helfer nach dem ersten Selfie mit dem süßen Kitz die Luft ausgegangen sei, erzählt Metz. Angesichts des nun dichteren Helfernetzes hofft er aber, dass sich in diesem Jahr ausreichend motivierte Bambi-Retter finden. Eine weitere Änderung in diesem Jahr gilt Landwirten und Grundstücksbesitzern: „Sie können nur noch bis 18.30 Uhr Wiesen anmelden. Im letzten Jahr kam es vor, dass sich manche erst nachts um halb elf gemeldet haben, dass sie am nächsten Morgen mähen wollen. Aber auch wir müssen irgendwann schlafen“, sagt Metz. „Und es soll ja ein Hobby bleiben, das auch Spaß macht.“

Anmeldung Wer eine Wiese melden oder sich über den Verein Flugmodus BK informieren will, kann dies unter: www.flug-modus.de tun.