Noch mehr Platz für entspannte Patienten: Die Plieninger Tierklinik vergrößert sich um weitere Behandlungsräume. Foto: Torsten Schöll

Die Tierklinik Stuttgart ist eine der größten in Deutschland mit rund 35 000 behandelten Patienten im Jahr 2024. Jetzt aber wird die Einrichtung um ein zusätzliches Stockwerk ergänzt – unter anderem mit Räumen für Augenheilkunde und Onkologie.

Die Tierklinik in Plieningen ist mit über 50 Tierärzten eine der größten in Deutschland. Ab Ende Februar erhält die Einrichtung im Gewerbegebiet Entenäcker ein weiteres Stockwerk hinzu. Die Erweiterung bietet mehr Platz für die Augenheilkunde, Reproduktionsmedizin, Kardiologie und Onkologie.

Hugo, der Rüde, scheint ein ziemlich entspannter Zeitgenosse auf vier Beinen zu sein. Die kurze Behandlung, die er in der Anicura-Tierklinik Stuttgart über sich ergehen lassen muss, nimmt er ziemlich gleichmütig hin. Kein Wunder, denn Hugo ist der Hund von Dr. Wolfgang Sinzinger, einem der drei Geschäftsführenden Tierärzte der Klinik, und muss heute zufällig auf den Behandlungstisch.

Weitere Behandlungszimmer und mehr Platz für die Sprechstunden

Sinzinger hat vor Hugos kleiner Behandlung durch die neuen Räume der Tierklinik geführt. Ende des Monats werden im bisher nicht genutzten zweiten Obergeschoss des Gebäudes in der Hermann-Fein-Straße 15 auf rund 500 Quadratmetern zu den bereits bestehenden weitere Behandlungszimmer für Hunde und Katzen hinzukommen. „Dadurch erhalten wir im unteren Bereich mehr Platz für die Sprechstunden“, erklärt der Tierarzt.

Im neuen Stockwerk werden neben den Wartebereichen für Hunde und Katzen künftig zum Beispiel jeweils zwei Zimmer für die Augenheilkunde und Reproduktionsmedizin bereitgehalten. Hinzu kommen Untersuchungszimmer für die onkologische und kardiologische Abteilung der Klinik wie ein Bauchsonografie- sowie ein Blutdruck- und EKG-Raum. „In einem zentralen Medikationszimmer wird für die Chemotherapie das Gerät zum Anmischen der Zytostatika stehen“, so Sinzinger. Ein Apothekenroboter versendet automatisch benötigte Medikamente aus dem Erdgeschoss ins neue zweite Obergeschoss.

Getrennte Wartezimmer mit Freilauf für Katzen

Wie in den bisherigen Bereichen gibt es auch hier einen eigenen Katzenwarteraum mit abgesperrtem Freilauf. „Katzen sind sehr sensibel“, sagt der Klinikchef. „Wenn sie Hunde riechen, sind sie sofort aufgeregt.“

Wolfgang Sinzinger ist einer der drei Geschäftsführenden Direktoren der Anicura-Tierklinik. Foto: Torsten Schöll

Die Tierklinik in Plieningen hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr rund 35 000 Patienten behandelt, darunter ungefähr zwei Drittel Hunde, ein Drittel Katzen sowie einige wenige Wild- und kleinere Heimtiere. Dass Tierhalter mitunter aus ganz Deutschland nach Plieningen anreisen, erklärt der Klinikchef mit einigen besonderen Leistungen, die die Tierklinik anbiete.

Mit sogenannten interventionellen Eingriffen mittels Katheder können hier zum Beispiel Missbildungen an der Leber korrigiert werden. „Die Kataraktchirurgie macht in weitem Umkreis auch niemand“, so Sinzinger. Als Katarakt wird in der Medizin der Graue Star bezeichnet. Und auch Dermatologen seien in der Tiermedizin sonst rar gesät.

Zunehmende Spezialisierung aufgrund wachsender Nachfrage

Der Ausbau der veterinärmedizinischen Klinik in Stuttgart, die zur Anicura-Gruppe mit Sitz in Schweden gehört, sowie ihre zunehmende Spezialisierung ist Ausdruck wachsender Nachfrage. Die Tierhalter seien viel fürsorglicher als früher, erklärt Sinzinger. „Und zwar in einem Maße, wie wir es uns vor 20 Jahren nicht vorstellen konnten.“ Für viele Menschen sei das Haustier ein Familienmitglied. Entsprechend viel Geld werde in die Gesundheit der Tiere gesteckt.

Auf diesem Hintergrund und der nicht geringen Kosten für die Behandlung kranker Haustiere überrascht, dass nach Sinzingers Schätzung nur 15 bis 20 Prozent der Klinikkunden eine Krankenversicherung für ihre vierbeinigen Familienmitglieder abgeschlossen haben. „In England“, sagt er, „sind es fast 100 Prozent aller Tierhalter.“

Einer der Behandlungsräume in der Tierklinik Foto: Torsten Schöll

Die wachsende Zahl an Mitarbeitern der 1995 gegründeten Überweisungsklinik ermögliche es auch, dass die Einrichtung an allen Tagen einen 24-Stunden-Notdienst anbieten könne. „Das gibt es so in Stuttgart sonst nirgendwo mehr“, betont der Tierarzt. Kritik übt der Klinikchef in diesem Zusammenhang an der Politik, die bezüglich der Arbeitszeit der angestellten Veterinäre zu strenge Vorgaben mache. „In der Humanmedizin ist der 24-Stunden-Dienst gang und gäbe“, sagt Sinzinger. Der angestellte Tierarzt dürfe hingegen nur maximal zehn Stunden am Stück arbeiten.

Die Folge: Die Klinik müsse beispielsweise bei Operationen Ersatzteams bereithalten, falls die Tierärzte während des Eingriffs ihre Arbeitszeit überschreiten. Zudem könnten kleinere tiermedizinische Einheiten mit wenigen Ärzten aufgrund der strengen Arbeitszeitregelung kaum noch Notdienste anbieten.