Stuttgarts Markenzeichen: der 1956 eingeweihte Fernsehturm Foto: Imago/Arnulf Hettrich

Am Fernsehturm kommt man in Stuttgart nicht vorbei. Auch die evangelische Kirche nicht. Im Juni bietet sie als besonderen Anreiz erstmals Taufen auf dem Turm an. Samt kostenloser Verpflegung.

Die evangelische Kirche beschreitet neue Wege bei der Taufe. Erstmals finden in Stuttgart Tauffeste an „besonderen Orten“ statt. Dazu zählen der Fernsehturm, die Mombachquelle und die Grabkapelle. Die Kirche will Taufwilligen damit ein möglichst niedrigschwelliges Angebot machen.

Im Interview mit unserer Zeitung hatte Stadtdekan Søren Schwesig jüngst darauf hingewiesen, „dass die grundsätzliche Zustimmung zur Taufe weiterhin sehr hoch ist, die Taufzahlen aber immer weiter zurückgehen“. Man bemühe sich deshalb um ergänzende Angebote zur traditionellen Taufe in der Kirche. 2019 zählte die evangelische Kirche in Stuttgart noch 1015 Taufen. Im ersten Coronajahr 2020 brachen die Zahlen ein – auf nur noch 470 Taufen. Im folgenden zweiten Coronajahr waren es dann wieder 681. Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor.

Der Stadtdekan hat mit den neuen Angeboten besonders Alleinerziehende im Blick. Sie seien die größte Gruppe, die ihre Kinder nicht taufen lässt – „vielleicht weil die Betreffenden nicht alleine am Taufstein stehen wollen“, vermutet Schwesig. Außerdem könnten sich viele Alleinerziehende eine Feier nicht leisten. Hier will die evangelische Kirche helfen. Bei dem großen Tauffest, das am 24. Juni am Fernsehturm stattfinden soll, bietet die Kirche eine kostenlose Bewirtung an.

Nach dem Gottesdienst am Boden geht’s nach oben

Laut Friedrich Alexander July, der das Taufevent am Fernsehturm für das Stadtdekanat organisiert, werden am Fuße des Stuttgarter Wahrzeichens zwischen 10 und 16 Uhr stündlich Kurzgottesdienste angeboten. Anschließend können immer drei Tauffamilien mit maximal 15 Personen pro Täufling auf die 144 Meter hohe Konferenzebene des Fernsehturms fahren, um dort ihr Kind taufen zu lassen. Unten erwartet sie dann ein Imbiss des Restaurants Leonhardts. Außerdem gibt es Mitmachstände und eine Segnungsstation.

Taufen an Stuttgarts einzigem natürlichem Quelltopf

Ein besonderer Ort für eine Taufe ist auch die Mombachquelle in der Neckarvorstadt, die sich sinnbildlich als „Quelle des Lebens“ anbietet. Das Quellwasser fließt dort durch die Grünanlage Krefelder Straße bis zur Neckartalstraße und mündet in den Neckar. Getauft wird hier am 24. Juni um 11 und um 14 Uhr. Die Tauffamilien treffen sich zu einem gemeinsamen Gottesdienst. „Anschließend werden die Täuflinge an diesem einzigen noch vorhandenen natürlichen Quelltopf in der Landeshauptstadt getauft“, kündigte der Cannstatter Dekan Eckart Schultz-Berg an.

Auch hier wird am 24. Juni getauft: die Mombachquelle in Bad Cannstatt.

Die Grabkapelle wurde wegen des berühmten Liebesbekenntnisses ausgesucht

Getauft wird am 24. Juni zudem bei der Grabkapelle auf dem Württemberg – ausgewählt wegen des berühmten Bekenntnisses zur ewigen Liebe („Die Liebe höret nimmer auf“), das der württembergische König Wilhelm I. für seine früh verstorbene zweite Frau Katharina hier in Stein gemeißelt hat. Für interessierte Familien findet dort um 11 Uhr ein Taufgottesdienst statt. Außer an diesen drei „besonderen Orten“ sind am 24. Juni auch anderswo in Stuttgart Tauffeste geplant – „an Brunnen vor Kirchen, in Pfarrgärten, Ferienwaldheimen oder ganz traditionell in Kirchen“, wie der Kirchenkreis Stuttgart wissen lässt.

Frisch gereinigt: der Aufgang zur Grabkapelle, ebenfalls ein Taufort Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Tauffeste finden im Rahmen der Aktion #deinetaufe der evangelischen Kirche in Deutschland statt und stehen unter dem Motto „Viele Gründe. Ein Segen. Deine Taufe“. Der Johannistag (24. Juni) gilt als der Geburtstag Johannes des Täufers. Der Bibel zufolge hat er Jesus im Jordan getauft. „Die Taufe ist die schönste Art, willkommen zu sagen“, betont Stadtdekan Schwesig. „Sie verbindet Täufling, Familie und Freunde und die Kirchengemeinde mit Gott, der dem Menschen Segen und Liebe zuspricht. Dies gilt bedingungslos und ein Leben lang.“

Schwesig ist offen für ökumenische Taufen

Schwesig hatte im Gespräch mit unserer Zeitung angedeutet, dass er auch ökumenischen Taufen aufgeschlossen gegenübersteht: „Ich könnte mir vorstellen, dass wir (mit dem katholischen Stadtdekanat) gemeinsam eine Kontaktstelle betreiben, wo Interessierte beraten werden, ohne dass da geworben wird: Kommen Sie doch zu der einen oder zu der anderen Kirche!“ Ein solches Angebot müsse einladend sein „nach dem Motto: ,Sie interessieren sich für die Taufe? Großartig!‘ – und nicht abwehrend, wie es einem heute manchmal begegnet.“

Einen Überblick über die Tauffeste bietet die Seite: www.stuttgart-evangelisch.de/tauffeste.