Das Signal von Verdi an die Arbeitgeber lautet: Es ist fünf vor zwölf. Foto: dpa/Fabian Sommer

Im Südwesten gibt es erste Warnstreiks im öffentlichen Dienst. Sukzessive will Verdi den Druck steigern. Die Arbeitgeber zeigen dafür kein Verständnis – machen aber Hoffnung auf eine Einigung in der dritten Verhandlungsrunde am 22./23. Oktober.

Stuttgart - Mit Aktionen in Freiburg und Emmendingen geht Verdi Baden-Württemberg am Dienstag in die Konfrontation des öffentlichen Dienstes. Am Mittwoch folgt ein erster Warnstreik in Friedrichshafen, am Donnerstag ist der Raum Ludwigsburg betroffen – auch Kitas in Bietigheim-Bissingen werden geschlossen. Nächste Woche werden die Warnstreiks deutlich ausgeweitet und auch den Raum Stuttgart erreichen.

Verdi verschärft den Tarifkonflikt mit den Kommunen somit nach und nach statt auf einen Schlag. Das hat viel mit Corona zu tun – die Pandemie erfordert eine zeitliche Streckung. Zu Arbeitsniederlegungen wird daher zunächst überwiegend „betriebsnah“, wie es heißt, aufgerufen, um die Organisation vor Ort sicher durchführen zu können. Erste Kundgebungen finden dezentral statt. Der Gesundheitsschutz aller am Warnstreik Beteiligten habe dabei Priorität, so Verdi. Zudem soll der Druck auf die Arbeitgeber sukzessive bis zur dritten und bisher final geplanten Verhandlungsrunde im Oktober gesteigert werden.

Abschluss für mindestens zwei Jahre angepeilt

Der Hauptgeschäftsführer der kommunalen Arbeitgeber im Südwesten, Joachim Wollensak, hat kein Verständnis für die Aktionen. Gewöhnlich werde in einer Tarifrunde „etwas von einem anwachsenden Kuchen verteilt“, sagte er unserer Zeitung. „Die Wirtschaft, die mit ihren Steuern und Gebühren zu den Einnahmen im öffentlichen Dienst beiträgt, ist aber selbst in einer schweren Rezession – der Kuchen ist zu Teilen weg.“ Die Finanznot der Kommunen werde zwar gelindert durch Rettungsschirme für 2020. „Wir verhandeln aber für 2021 und möglichst auch 2022, weil wir die Berechenbarkeit in den Haushalten brauchen.“ Er sei dennoch „zuversichtlich, dass der Kompromiss am 22./23. Oktober gelingen kann“. Der bei einem Scheitern in Potsdam erforderliche Einsatz der Schlichter ist für ihn nur „das allerletzte Mittel, weil sie nicht bessere Erkenntnisse haben als die Tarifparteien“. Anders gesagt: Ihr Spruch könnte für die Arbeitgeber auch ungünstig ausfallen.

Die Mindesterhöhung wird zurückgewiesen

4,8 Prozent höhere Gehälter verlangen Verdi und der Beamtenbund – mindestens 150 Euro mehr im Monat. Gerade die Sozialkomponente lehnen die Arbeitgeber ab. „Die Mindestlohnforderung können wir nicht anerkennen, weil wir in den unteren Entgeltgruppen eine überproportionale Steigerung in den Lohntabellen haben und diese nicht weitertreiben können“, sagt Wollensak. „Wenn wir da überziehen, sind die Bereiche noch stärker als ohnehin von Outsourcing bedroht.“